Sonntagstour über die Grenze – in fünf Etappen

Es geht kaum ein Wind, merkst du das? Die Bäume stehen so still wie lange nicht. Aus Russland kommen ja nicht nur ungelernte Arbeitssuchende. Am Dom spielen in letzter Zeit russische Musiker. Sie sind perfekt, haben garantiert eine klassische Ausbildung, aber sind offenbar bettelarm. Und soll ich dir was sagen? – Die machen mich auch schwermütig. In letzter Zeit haben sie einen Panflötenspieler aus ihrer Gruppe zum Star aufgebaut. Und wenn der loslegt, möchte ich glatt mein Portemonnaie leer machen, damit er wieder aufhört.

Durch den Park rollt es gut, findest du nicht? Ich höre unglaublich gern, wenn der Split unter den Reifen wegspringt. Knistern, Knirschen, Prasseln. Wusstest du eigentlich, dass nur die onomatopoetischen Wörter etwas mit der Sache zu tun haben, die sie bezeichnen? Ich hätte auch „lautmalende Wörter“ sagen können. Aber das Wort onomatopoetisch hubbelt so ähnlich wie unser Weg. Verfickt, meine Rechtschreibprüfung will mir tatsächlich das Wort „hubbelt“ nicht durchgehen lassen. Wo sind wir denn hier? Ich werd doch wohl noch sprechen können, wie ich will. Schließlich fahren wir mitten durch die Natur. Ja, du hast Recht, ein Park ist nicht Natur, sondern Kultur. Es ist geregelt, was wo und wie zu wachsen hat. Hochsprache ist wie ein Park. Dialekt, das ist Wildwuchs der Natur. Da stellen sich auch Tendenzen ein, aber kein Dialektsprecher kann in seiner Sprache Fehler machen. Er ist sein eigener Sprachmeister.

Den Park haben wir gleich hinter uns, und dann geht es die Straße hoch durch ein Gewerbegebiet. Hier ist sonntags alles wie ausgestorben, ausgenommen im Fitnesscenter. Da feiern welche ihr körperverliebtes Hochamt. Über Supermärkte willst du dich nicht zufällig unterhalten, oder? Obwohl ich dir gerne was über Plus erzählen würde, lasse ich das heute. Sonst kommen wir nicht ans Ziel. Gleich macht die Straße eine Biegung, und wir fahren unter einer steilen Straßenbrücke hindurch. In meiner dunklen Zeit habe ich manchmal dort oben gestanden.

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