Sonntagstour über die Grenze – in fünf Etappen

Schaufenster einer Druckerei in Vaals
Der Ansager und ein versehentlich gespiegelter Zuhörer

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Der Mann in der Tankstelle gab mir für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung auf fünfzig Euro heraus und hat mir das Wechselgeld bis fünfzik vorgezählt. Er ist neu hinter der Kasse, bestimmt ein Aachener. Hochdeutsch ist „fünfzik“ nicht. Das Suffix –ig wird weich gesprochen. Dialektsprecher im Rheinland übertreiben manchmal, wenn sie Hochdeutsch sprechen. Die Sprachwissenschaft nennt solche Erscheinungen hyperkorrekt. In der Vergangenheit wurde dann zum Beispiel aus dem Nachnamen Stüttchen das feiner klingende Stüttgen. Hör mal, wir sind noch gar nicht richtig losgefahren, und schon komme ich vom Thema ab. Das kann ja heiter werden. Übrigens verzeichnet der Duden schon die häufig vorkommende Aussprache „fümfzich“. Diese Aussprache ist nicht hyperkorrekt sondern lippenfaul, denn „fümfzich“ ist einfacher zu sprechen als „fünfzich“. Ach, komm lass mich auch mal über Belanglosigkeiten reden. Heute ist schließlich Sonntag.

Zuerst radeln wir durch den Westpark. Glauben die Leute noch nicht so recht an das sonnige Wetter? Eigentlich müssten sich die Sonnenhungrigen schon auf der Liegewiese ausbreiten. Sie ist bei den Studenten aus dem Hochschulviertel sehr beliebt. Klar, du hast Recht, die liegen noch im Bett, garantiert. Auf der Bankgruppe beim Weiher lagern die Russen. Sie sind Tag und Nacht hier, gucken auf den Weg und lassen den Fusel kreisen. Das waren vielleicht mal in Russland ehrenwerte Männer, die ihr Glück im Westen versuchen wollten, um ihren Familien etwas Gutes zu tun. Und dann gab’s hier keine Arbeit. Wir fahren links am Weiher vorbei. Um die Russen wabert immer ein Hauch von Schwermut. Da möchte ich dich nicht durchfahren lassen. Außerdem ist da zuviel Schatten. Seltsam, die Russen setzen sich nie in die Sonne.

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