Rezeptionsforschung übern Biertisch

Ziemlich aufgekratzt berichtete Herr Leisetöne gestern Abend im Vogelfrei von einem Geschichtsseminar. Was den Mann sympathisch macht, ist seine Begeisterungsfähigkeit. Genauso begeistert und begeisternd schilderte er, dass er sich künftig der Rezeptionsforschung zuwenden wolle. Rezeptionsforschung ist ein Zweig der Literaturwissenschaft, der erst in den 60ern und 70ern des letzten Jahrhunderts populär wurde. Bis dahin hatte sich die Literaturwissenschaft vornehmlich mit dem Werk und seinem Autor befasst. Die Rezeptionsforschung rückte den Rezipienten, also Leser in den Mittelpunkt. Diese radikale Wendung weg vom Autor hin zum Leser entspringt der Erkenntnis, dass ein Autor nur die halbe Arbeit leisten kann. Für sein Werk ist auch ein sinnstiftender Leser erforderlich. Anders: Ein Buch, das keiner liest, ist kein Buch, sondern ein Dekorationsstück im Regal. Diese Zeilen hier sind nur Krakel auf dem Bildschirm, bis ein verständiges Auge sie sichtet. Die Voraussetzungen und Begleitumstände des Lesens, die Dispositionen des Lesers sind grob gesagt die Gegenstände der Rezeptionsforschung. Sie bedient sich häufig empirischer Verfahren.

Weniger empirisch, sondern vom Einzelfall ausgehend betrieb ich auch Rezeptionsforschung. Das heißt, ich musste gar nichts tun, denn Herr Leisetöne sagte nämlich von alleine, dass er beim ersten Beitrag über das Trithemius-Skriptorium gerne der Aufforderung nachgekommen sei, auf das Bild „Mal was stapeln“ zu klicken. Etwa Ähnliches könne ich ruhig öfter machen. Das zu verallgemeinern, halte ich für erlaubt, denn es entspricht dem uns angeborenen Spieltriebe. Wann es sich lohnt links oben auf „Tagesbericht“ zu klicken, kann ich nicht sagen, voraussichtlich am frühen Abend. Ich muss natürlich noch etwas im Skriptorium schreiben; deshalb heißt es nämlich so, zu Deutsch „(klösterliche) Schreibstube“. Klösterlich bedeutet im meinem Fall nichts Klerikales, sondern die Zurückgezogenheit und Selbstbesinnung.

Dieser Beitrag wurde unter Teppichhaus Intern abgelegt und mit , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

2 Kommentare zu Rezeptionsforschung übern Biertisch

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.