Süße Urinprobe, Verräterische Pumps & LSD-Klebebildchen

Nr.3 – Süße Urinprobe

In einem Medizinseminar über Diabetes sagt ein Professor zu seinen Studenten: „Die beste Methode, den Zuckergehalt des Urins festzustellen, ist noch stets die Geschmacksprobe!“ Er lässt seinen Worten Taten folgen, taucht den Finger in ein Gläschen Urin und leckt ihn ab. Die Studenten tun ihm angewidert nach und probieren den Urin. „Weiterhin von allergrößtem Belang“, fährt der Professor fort, „ist die gute Beobachtungsgabe.“ Und zeigt den Studenten, wie er seinen Zeigefinger in den Urin getaucht, aber seinen Mittelfinger abgeleckt hat.

Nr. 4 – Verräterische Pumps

Ein Familienvater macht eines Abends eine Kneipentour. In einer Bar lernt er eine unglaublich schöne Frau kennen. Nach heftigem Flirt beschließen sie, ein wenig mit seinem Auto zu fahren. Auf einem einsamen Parkplatz ergreift die Erregung von ihnen Besitz. Doch bald stellt der Mann entsetzt fest, dass er es mit einem Transvestiten zu tun hat. Er wirft den Kerl aus dem Auto und fährt frustriert nach Hause.

Am nächsten Tag macht die Familie einen Ausflug nach Köln. Die Schwiegermutter sitzt auch mit im Auto. Nach einem Bremsmanöver sieht der Mann, dass ein roter Damenschuh unter seinem Sitz hervorgerutscht ist.

Zum Glück muss eines der beiden Kinder einmal. Er hält auf einem Rastplatz, und während alle beschäftigt sind, wirft er den Schuh heimlich in einen Mülleimer.

Am Ziel steigen alle froh aus, nur die Schwiegermutter nicht. Sie kriecht da irgendwo am Boden rum und ruft: „Ich verstehe das nicht! Eben habe ich meine Schuhe ausgezogen und jetzt ist einer weg!“

Wird fortgesetzt


Einiges über Sagen und modernen Volkssagen (2)

Ziemlich unvermittelt hätte ich dieses Erzählprojekt begonnen, und wieder einmal nicht darauf geachtet, die Teppichhauskunden mitzunehmen, wirft mir meine Filialleiterin, Frau Nettesheim, vor. Ich will es jetzt nachholen.

Das Projekt zu starten, verehrte Kundinnen und Kunden, war ein spontaner Entschluss, als ich nämlich eher zufällig eine Mappe in die Hand nahm, in der ich gut 25 Jahre sagenhafte Geschichten gesammelt habe. Mitte der 80-er Jahre, noch vor den Zeiten des Internets, kursierten viele solcher Geschichten, vielleicht angestoßen durch die Bücher des Sagenforschers und Ethnologen Rolf-Wilhelm Brednich: „Die Spinne in der Yuccapalme“, „Die Maus im Jumbojet“, „Das Huhn mit dem Gipsbein“ kannten die meisten wenigstens dem Titel nach. Brednich hatte auch keine Mühe, Material zu finden, denn nach Veröffentlichung des ersten Bandes „Die Spinne in der Yuccapalme“ sandten ihm viele Leser neue Geschichten oder Varianten zu. Die Begeisterung für Brednichs Sammlungen verwies auf eine lebendige Erzählkultur, die bis dato im Verborgenen geblieben war. Ich war in den 80-ern Deutschlehrer am Gymnasium. Ein Schüler erzählte mir damals die erstaunliche Geschichte vom Rattenhund. Freunde seiner Eltern hätten einen vermeintlich süßen Hund, der eigentlich eine Riesenratte war, die Katze auffraß und auch Menschen anfällt, aus Thailand mitgebracht. Später fand ich in einer Fachzeitschrift für Ethnologie 24 Varianten der Geschichte, die allein im Ruhrgebiet kursierten.


Viele Geschichten wurden mit einer Herkunftsangabe aus dem Verwandten- oder Freundeskreis versehen, um den Wahrheitsanspruch zu bekräftigen. Deshalb hießen die modernen Sagen auch FOAF (Friend of a Friend)-Tales . Einige Sagen gerieten auch als Meldung in die Zeitung. Oder es tauchten dubiose Flugblätter auf wie die Warnung vor LSD in Klebebildchen. Die Warnung mit der Überschrift „DROGENGEFAHR FÜR DIE KINDER“ stammte angeblich von der Abteilung Drogenfahndung der Waadländischen Polizei und schloss mit der Aufforderung, das Schreiben zu fotokopieren und weiterzugeben. So gelangte der Kettenbrief an die Schwarzen Bretter von Schulen und Kindergärten. Eine solche Warnung hing auch am Schwarzen Brett meiner Schule. Sie kam vom Jugenddezernat der Stadt Düren. Im Jahr 1989 titelte die Aachener Volkszeitung (AVZ): „LKA erklärt: Abziehbilder ohne LSD“ und zitierte den damaligen LKA-Chef Helmut Brandt, dass bislang nirgendwo solche mit LSD getränkten Klebebildchen aufgetaucht wären. Die amtliche Warnung sei gefälscht. Schon in Brednichs Sagensammlung „Die Spinne in der Yuccapalme“ war zu lesen, dass derartige Bildchen auf der ganzen Welt noch nicht gefunden worden seien. Der Mythos war aber hartnäckig. Drei Jahre nach der AVZ, am 6. Oktober 1992, titelten die Aachener Nachrichten: „Panikmache per Flugblatt, Polizei dementiert“ und druckte am 26. Oktober ein weiteres Dementi: „Keine Drogengefahr für Kinder durch Abziehbilder.“ Hartnäckig hielt sich auch die Geschichte von der gestohlenen Niere. In der „aktuellen Stunde“ des WDR-Fernsehens wurde sogar der Fall eines Niederländers untersucht, der angeblich im bewusstlosen Zustand aufgefunden worden war. Eine frische Operationsnarbe wies darauf hin, dass ihm Unbekannte eine Niere gestohlen hatten. Das WDR-Team fand aber nirgendwo Beweise, nicht mal den bestohlenen Niederländer.

Heute werden solche Geschichten unter dem Sammelbegriff Hoax geführt.
Hoaxe verbreiten sich übers Internet rasend schnell und weltweit. Die TU Berlin führt eine ständig aktualisierte Liste der bekannten Hoaxe.

Hoaxe sind keine neue Erscheinung. In meiner Kindheit sammelten wir Laschen aus weggeworfenen Zigarettenpackungen, und zwar jene mit einer kleinen Nummer. Es kursierte das Gerücht, für einhundert dieser Laschen bekäme man von der Zigarettenfirma einen Fußball. Tatsächlich galt es in jener Zeit unter den rauchenden Erwachsenen als politisch durchaus korrekt, leere Zigarettenschachteln in die Botanik zu werfen, so dass wir Laschen genug sammeln konnten. Allerdings wusste niemand, welche Firma den Fußball ausgelobt hatte. Und nie hörte ich von einem Glücklichen, der den Fußball wirklich bekommen hätte.

Der Autor Hans Reimann berichtet in einem Buch von 1922, dass schon im Jahre 1914 ein gewisser Adolf Alfred Neumann an den Hannoveraner Verleger Paul Stegemann 500 Streichholzschachtel-Etiketten geschickt hatte und dafür einen Fußball haben wollte.

Genug der Theorie. Kennen Sie ähnliche oder gar neue Geschichten? Schreiben Sie sie mir! Über eine rege Beteiligung am Erzählprojekt freu ich mich sehr. Sonst kann ich eben nur meine Sammlung zugänglich machen.

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