Abendbummel online – Aldi informiert

Eine große Schleife durch die Stadt. Wollte mal sehen, wie die Leute heute so drauf sind. Es war schon dunkel, noch immer kalt, doch die Mundwinkel hingen nicht mehr ganz unter Null.

Die Jahreszeit hat schöne Seiten, ich sah durchs Fenster beim Italiener fünf junge Frauen um einen Tisch, auf dem im Dämmer zwei hohe Kerzen brannten. Das wirkte friedlich, harmonisch, also keine war stutenbissig.
Und die angenehm rundliche Frau in ihrem Irischen Laden habe ich gesehen, wie sie lesend hinter ihrer Theke saß, weil kein Kunde da war. Bei ihr habe ich mir letztens ein Irisches Hemd gekauft, so eines mit einem Stehkragen. Sie sagte, das andere sei schöner, da sei auch Leinen mit drin, das sei angenehmer zu tragen, allerdings 10 Euro teurer.
„Oh“, sagte ich, „gut, dass Sie es sagen, denn anfühlen tut es sich genau anders herum“ und hab das billigere genommen.
Doch dann hätte mich beinahe einer überfahren. Er schoss mit seinem Auto aus einer Tiefgarage, ein schweinsköpfiger Mann, der stier geradeaus sah. Er war im Geiste schon zu Hause, und malte sich aus, wie er seine Frau zusammenstauchen würde.
Das wäre jetzt kein schöner Tod gewesen, dachte ich, von einer Wurst in Pelle überfahren zu werden, die zu Hause Geschnetzeltes machen will.

Vielleicht war er aber auch schlecht gelaunt, weil Bild heute Panik gemacht hat.

Schnee-
Schock!

…und zwei Jahreszeiten wollen sie streichen, ich weiß nicht welche.

Ich hatte ja gestern gesagt, dass die Journaille von „Schneechaos“ schreiben würde, doch „Schnee-schock“, das hätte ich mir nicht ausdenken können. Es alliteriert und macht heftige Bilder im Kopf, dass man denkt, oh, mal rasch nachgucken, wie man ihn kriegt den Schneeschock. Am Ende weiß ich es nicht, eine Schneeflocke trudelt auf meinen Kopf – Platsch, der Bürgersteig klatscht mir ins Gesicht, und ich muss reanimiert werden. Diagnose: Schneeschock!

Die sich bei BILD diese Aufreißer ausdenken, verdienen am allermeisten. Denn ohne sie würde gar nichts gehen, alle müssten hungern bis hin zu den Springererben und der ganzen Bagage, die sonst noch das Geld einstreicht. Doch normale Menschen können sich solche Schlagzeilen gar nicht ausdenken, die sich ins kollektive Gehirn einbrennen wie z.B. damals: „Wir sind Papst“.

Es wird ungefähr so sein: Der den Aufreißer textet, dem haben sie mit einem Stück Gartenschlauch eine Infusion gelegt. Da wird, bis er die Schlagzeile hat, bester Alkohol durchgepumpt, damit er seine natürlichen Hemmungen verliert und nicht kotzen muss, wenn er z. B. Rudi Carrell schon sterben lässt vorne drauf.

Ich informiere mich ja am liebsten aus dem Aldi-Prospekt: „Aldi informiert“, das ist doch eine gute Wochenzeitschrift. Da steht alles drin, was man wissen muss, wenn man zu den unteren sozialen Schichten gehören will.

War’s das? Ich glaube schon. Ich hatte keinen Stift bei mir, so die Ideen aufzuschreiben, die durch die Gegend flogen.
Morgen ist ja auch noch ein Tag. Ich muss nur aufpassen, dass ich keinen Schneeschock erleide oder bei der Pellenwurst nicht unter die Räder komme.

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