NSU, Zeitumstellung und die Sau Panama papers

Soeben bekam ich eine Mail des Pressedienstes Blendle mit dem Betreff: „So verstecken Sie Ihre Milliarden vor dem Finanzamt. Dieser Insider packt aus.“ Natürlich hatte ich mich verlesen. Da stand „So verstecken Reiche Milliarden vor dem Finanzamt.“ – Muss ich das wissen? Mietmäuler wie der smarte Anwalt Wolfgang Kubicki, nebenher stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP, teilen ja längst mit, Briefkastenfirmen wären nicht grundsätzlich illegal. Andere weisen mich darauf hin, dass jeder, auch ich schon mal bei der Steuererklärung geschummelt hätte, mir letztlich nur die Gelegenheit fehlen würde, Milliarden zu hinterziehen. Wenn das die Erkenntnis ist, dann wäre doch die Konsequenz, dass es Gesetze und Kontrollen geben muss, die geeignet sind, unsere durch und durch unmoralische Haltung und das daraus folgende egomane Verhalten in Grenzen zu halten. Dass wir solche engmaschigen Gesetze und Kontrollen bei Hartz-IV-Empfängern haben, bei Reichen aber nicht, ist doch der eigentliche Skandal und das Komplettversagen von Regierungen, die sich auf das Volk haben vereidigen lassen. Zur Erinnerung. Der Amtseid lautet:

„Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.“

Da wird nicht davon ausgehen können, dass alle Regierungsmitglieder pflichtvergessen sind oder gar einen Meineid abgelegt haben, muss es an den Gesetzen liegen, die sie befolgen. Der eigentliche Skandal ist nämlich, dass die Gesetze nicht geeignet sind, Gerechtigkeit gegen „jedermann“ zu gewährleisten. Das können wir auch nicht erwarten, wenn sich deutsche Ministerbehörden die Gesetze von Anwaltskanzleien schreiben lassen, die in erster Linie die Interessen von Banken und deren Großkunden vertreten.

Derzeit treiben
Süddeutsche Zeitung und ihr Rechercheverbund die Sau „Panama Papers“ durchs Dorf. Auf allen Kanälen wird dem staunenden Volk erklärt, wie ihr Sozialwesen durch die Geldelite betrogen wird. Was nutzt es, das zu wissen? Es ist wie bei der Zeitumstellung. Alle Welt erklärt, dass das Hin und Her bei der Uhrzeit der komplette Unsinn ist. Selbst Politiker sprechen sich dagegen aus. Doch es bleibt dabei. Zweimal im Jahr muss halb Europa die innere Uhr umstellen, und es kommt über uns wie eine Naturgewalt. Genauso der NSU-Skandal und die Erkenntnis, dass Behörden wie der Verfassungsschutz die Morde gedeckt und letztlich gefördert haben. Das decken Untersuchungsausschüsse auf, aber niemand stoppt die Geheimdienste, niemand von den Beamten, die verstrickt sind, muss sich verantworten.

Aus all dem
lernen wir eines: Das Gebaren der Geldelite, Betrug und Korruption, sind wie Zeitumstellung und verbrecherische Aktionen der Geheimdienste gleich den Naturgewalten, denen niemand trotzen kann. Die Konsequenz ist eine Übung in Untertanengeist. Der massenpsychologische Effekt ist ein gefährlicher Fatalismus, die Erkenntnis, dass die da oben schalten und walten wie sie lustig sind. Wir müssen uns nicht mehr fragen, ob es den politischen Eliten überhaupt Ernst ist mit Demokratie. Wir wissen seit TTIP, dass sie Demokratie vielmehr lästig finden. Es wäre in jedem Fall einfacher, wenn nicht das Volk sich Regierungen, sondern die Regierungen sich das Volk wählen könnten, devotes Herdenvieh, das jeden Scheiß erträgt, solange genug Spaßevents angeboten werden – im Zirkus des schlechten Geschmacks.

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