Ich hasse mein Klosett

Irgendwo habe ich mal die Ansicht gelesen, dass nicht nur die missratenen Produkte, sondern auch und besonders die originären Werke, die Geniestreiche zu tadeln wären. Denn jedes Meisterwerk zieht eine Flut, manchmal gar einen Tsunami an schlechten Nachahmungen nach sich, so dass man sich wünscht, die geniale Vorlage wäre nie in die Welt gesetzt worden. So ist denn auch das unvorsichtige Genie zu tadeln, das allein aus Geltungssucht mit einem großen Werk auf den Plan tritt, ohne Rücksicht auf den oben genannten Umstand. Ein wahres Genie, eines, das kulturell verfeinert und sittlich gefestigt ist, muss peinlich darauf bedacht sein, keine großen Werke zu schaffen, allein um den gesellschaftlichen Schaden zu vermeiden, den die Nachahmer, Stümper, die Pfuscher und Hudler, die erbärmlichen Epigonen, die Heerscharen von Nichtskönnern unbedingt anrichten werden, wenn sie sich an der großen Vorlage orientieren.

Wäre mein Klosett beispielsweise auf dem Führerhaus eines Lastkraftwagens installiert, würde sich vermutlich sein absolut Sprit sparender Cw-Wert erweisen. Befragt man seine Maße freilich hinsichtlich der Anpassung an die menschliche Anatomie, fiele dieses Klosett durch und durch, würde es in den tiefsten Keller der Republik rappeln und da unten hoffentlich zerschellen. Vermutlich stammt mein Klosett aus der Zeit, als Stardesigner Luigi Colani eine Klosettserie für Vileroy & Boch gestaltet hat. Colani ist der Mann, der die gekrümmten Bleche auf LKW-Dächer gesetzt hat, um den Cw-Wert der LKW zu verbessern. Möglicherweise hat der Designer meines Klosetts von der Sache gehört, die Zusammenhänge nur ein bisschen durcheinander geworfen, und ich muss mich jetzt fast täglich drüber ärgern.

Weil ich nicht verstehe, wie einer so ein missgestaltetes Klosett in die Welt setzen kann, habe ich schon die verrücktesten Theorien mir ausgedacht. Sie haben aber leider alle den Schönheitsfehler, dass sie mich nicht dauerhaft überzeugen und eben darum ungeeignet sind, mich mit meinem Klosett auszusöhnen. Vielleicht ist ja irgendwann am Ende des letzten Jahrhunderts das gesamte Klempner- und Sanitärgewerbe von einer Gattung außerirdischer Klempner okkupiert worden. Dieser Verdacht kam in mir auf, als ich einmal auf einem Klosett saß, neben dem der Klosettpapierhalter so weit hinten angebracht war, als wäre dieses Klo gedacht für Leute, denen ein Arm aus dem Rücken wächst.

Was haben die intergalaktischen Klempner auf der Erde verloren? Sie sind hier wegen Edda Moser. Herbeigelockt durch ihren sopranen Sirenen-Gesang. Der befindet sich nämlich auf einer kupfernen Schallplatte an Bord der Raumkapsel Voyager 2 und ist derzeit das populärste Musikstück diesseits und jenseits von Beteigeuze. Bisher ist es noch niemanden in der Galaxis gelungen, die Kapsel einzufangen und etwa die kupferne Schallplatte abzuspielen. Irgendein kosmischer DJ hat das Stück aus dem Internet gesaugt und illegal verbreitet. Es fliegt also quasi der Raumkapsel voraus, wie ja überhaupt alle Welt schon die Erde und ihre durchgeknallten Bewohner kennt von den TV-Sendungen, die seit gefühlten tausend Jahren ins Weltall abgestrahlt werden. In der Galaxis warten höchstens noch die Kinder auf die Flaschenpost von der Erde. Ansonsten weiß man im Weltall schon ziemlich genau Bescheid über uns. Beispielsweise wissen galaktische Germanisten längst, dass Frau Edda Moser auch alljährlich das Festspiel der deutschen Sprache abhält. Man munkelt, heuer tritt die deutsche Sprache persönlich als Edda Moser mit Männerfanglockenperücke auf und tanzt Limbo.

Warum aber vor dem Teppichhaus nächtlich ein zerborstener Kürbis fotografiert wurde? Befehl von außerirdischen Klempnern. Das versteht jeder in Hannover, auch wenn er noch so besoffen ist:

Betrunkener Passant:
Was macht ihr denn da?

Fotograf: Kürbisfotos

Betrunkener Passant:
Was?

Fotograf:
Kürbisfotos.

Betrunkener Passant:
„Ach so, Kürbisfotos!“

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4 Kommentare zu Ich hasse mein Klosett

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