Abendbummel online – Achtung, hier kommt ein Geheimnis

Neulich in den USA: Jack, John, Bob und Bill, Männer ohne Job und Perspektive, hausten mit in ihren Familien in düsteren Zimmern, ihre Kinder versackten in virtuellen Internetwelten und ihre verzweifelten Frauen mussten ausdauernd Hamburger oder Hotdogs essen und dazu den ganzen Tag vor dem Fernseher hocken, um zum Beispiel Oprah Winfrey beim Reden und Hantieren zuzuschauen. Eines Tages erzählte ihnen Oprah ein Geheimnis, das ihr aller Leben verändern sollte. Eine gewisse Rhonda Byrnes hatte nämlich herausgefunden, wie man ohne eigene Leistung reich und glücklich werden kann. Ihre Erkenntnisse verrät die findige Rhonda in einem Film und einem Buch, die beide „The Secret“ heißen. Worin besteht das Geheimnis? Man kann Wünsche ans Universum schicken. Die werden prompt erfüllt. Das ist nicht etwa Hokuspokus, sondern angewandte Quantenphysik. Und das Beste ist: Es klappt.

Jack, John, Bob und Bill, Männer ohne Job und Perspektive, kamen über Nacht zu Geld und zu schmucken Eigenheimen, denn das hatten sich ihre Frauen vom Universum gewünscht. Die eine schnitt ein hübsches Haus aus der Zeitung aus, und kurze Zeit später bekam sie ein richtiges. Eine malte sich einen Riesenscheck – und schon kam die dicke Kohle ins Portemonnaie. Natürlich fiel das Geld nicht vom Himmel. Es muss ja alles mit rechten Dingen zugehen. Nein, freundliche Banker warfen einfach Hypothekenkredite aus dem Fenster, direkt vor die Füße von Jack, John, Bob und Bill.

Nun ist ja ein herumerzähltes Geheimnis per Definition kein Geheimnis mehr. Plötzlich wurde das Universum mit Wünschen überhäuft, und da es sich nicht lumpen lassen wollte, erfüllte es Wünsche auf Teufel komm raus. Doch um die Wünsche von Jack, John, Bob, Bill und ihrer mehr erfüllen zu können, musste das Universum Geld und Glück aus dem restlichen Teil der Welt zusammenraffen. In Deutschland lieh es sich das Geld zum Beispiel von der Sächsischen Landesbank, und das Glück lieh es sich von jedermann. Denn wo das Geld an allen Ecken fehlt, ist das Unglück nicht weit.

Das konnte auf Dauer nicht gut gehen. Prompt gab es Engpässe in der galaktischen Registratur. Anträge wurden nicht bearbeitet, Wünsche verschlampt, Glück und Geld wurden knapp. Schon erlahmte der Geldfluss, und das wiederum führte in den USA zu einer Finanzkrise, die entgegen aller Beteuerungen noch nicht überwunden ist und sich inzwischen über die halbe Welt verbreitet hat.

Mangelerscheinung
Jack, John, Bob und Bill haben sich vermutlich auch dauernd schönes Wetter gewünscht. Wer hat deshalb den ganzen Regen abgekriegt? Wir. Und das dicke Ende kommt noch: Heute verkündet Deutschlands wichtigste Straßenzeitung, der Herbsturlaub werde „knapp (und teuer)“. Warum? „Wegen Regen-Sommer“. Die BILD-Redakteure mussten beim „Sommer“ dieser Schlagzeile schweren Herzens auf ein kleines „s“ verzichten. Keines mehr da. Einfach von anonym operierenden Sammlern aus der Bildredaktion weggewünscht.

Wohin man sieht:
Mangelerscheinungen. Es wird Zeit, dass wir uns ebenfalls etwas vom Universum wünschen. Was die Amerikaner können, können wir schließlich auch. Ab sofort wird zurückgewünscht! Ich habe eben eine dicke fette Kumuluswolke betrachtet und mir von der galaktischen Registratur ein genauso dickes Glück gewünscht. Bald kann ich vor Glück nicht mehr aus den Augen gucken, und am Teppichhaus hängt ein prächtiges Schild mit der Aufschrift:

Wegen Reichtums geschlossen.


Guten Abend

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