Abendbummel Online – Hormonell bedingtes Gefühlschaos

Aus der Nähe betrachtet, sind die Dinge ja nie, wie sie uns erscheinen. Der Mensch meint mehr als er weiß. Wer zum Bespiel gemeint hat, das Ohrfeigengesicht Karel Gott (66) rieche nach Schmalzlocke, liegt völlig daneben, wobei ich mich schon vorsorglich für das Wort Ohrf Schmalzlocke entschuldige: diese verbale Entgleisung liegt am hormonell bedingten natürlichen Gefühlschaos des Frühlingserwachens.

Karel Gotts Geruch, meldet die Süddeutsche, ist nach eigener Aussage „irgendwo zwischen Tabak und Whisky angesiedelt“. Er hat jedenfalls in Tschechien ein eigenes Parfüm mit dieser Duftmarke herausgebracht. „Es soll aber nicht nach Alkohol riechen, sondern eine typisch männliche Duftnote besitzen.“
Andere Länder, andere Sitten. Doch Vorsicht, nicht jeder, der nach Tabak und Fusel riecht und seine Haare durch den Buttertopf zieht, kann die Biene Maja singen.

=> Der Frühling bringt auch die „menschlichen Anklangsnerven des Reims“ wieder zum Schwingen. Unerreicht wegen seiner absolut surrealen Bedeutungslosigkeit ist der Werbeslogan eines Berliner Eisenwarengeschäftes:

„Der Frühling naht, kauft Draht!“

Heute sah ich vor einem türkischen Imbiss ein neues reimtechnisches Frühlingsprodukt:

„Döner macht schöner“

Das ist freilich eine freche levantinische Lüge. Übrigens hörte ich gestern im Fernsehen, dass in Deutschland schon jedes dritte Kind übergewichtig und motorisch gestört ist. Darüber einen Witz zu machen, verbietet sich, denn diese Kinder werden einmal fette Erwachsene sein und unsere Bürgersteige unpassierbar machen.

=> Dass der Frühling so verhalten kommt, ist ein Segen. Denn kleidungstechnisch herrscht zur Zeit bei den Frauen noch Unentschiedenheit zwischen Winterjacke und Frühlingsbolero.
„Nee, iesch hab et nit kallt!“, sagte eben eine zitternde Blondine, die an der Hand ihres Freundes baumelte. Da wusste ich wieder, aha, ich bin in Aachen unterwegs.

Jedenfalls hoffe ich, dass es nicht schlagartig warm werden wird und mir eine kleine Eingewöhnungsphase gegönnt ist. Denn sobald die Sonne wärmt, präsentiert das weibliche Geschlecht wieder unverhohlen die heiligen Waffen, und ich mit meinem hormonell bedingten natürlichen Gefühlschaos kann mich wieder aus der Gemeinschaft der denkenden Männer verabschieden.

=> „Deutschlands klügster Kopf“ spricht heute in Bild. Es ist keine Bauchrednerpuppe, sondern der Kopf steckt dem Bekunden nach auf dem Hals des Berliner Historikers, Professor Arnulf Baring (73). Herr Baring erklärt, was mit den „Ausländern“ los ist und meint die Multikulti-Idee der „Gutmenschen“ sei gescheitert. Ich will mich dann gern als zweitklügster Kopf Deutschlands qualifizieren und sage: „Heute ist der 5. April 2006.“
Auf Wunsch kann ich noch weitere Binsenweisheiten von mir geben, um meinen Anspruch zu untermauern. Wer freilich wie Herr Baring seinen Kopf am liebsten in Talkshows trägt, um dort den anderen Quasselköpfen besserwisserisch ins Wort zu fallen, kommt jetzt erst zu Einsichten, die der oft geschmähte Mann von der Straße längst hatte.

=> Es ist wirklich erstaunlich, dass erst eine Berliner Hauptschule in Randale versinken muss, damit Deutschlands Politiker erkennen, dass sie die Integration von ausländischen Mitbürgern sträflich vernachlässigt haben. Neuerdings hat man ja auch erkannt, wie wichtig Bildung ist, und die Politiker aller Parteien tun so, als seien sie erst gestern von hinterm Mond eingewandert und müssten sich jetzt ans Aufräumen machen. Dabei ist es ein offenes Geheimnis, dass seit drei Jahrzehnten niemand in die Bildungspolitik strebt, der politische Karriere machen will.

=> Was noch? Ach ja, über die Naturgeschichte des Reims und der menschlichen Anklangsnerven schreibt der Poet und Publizist Peter Rühmkorf in seinem wunderbaren Werk agar agar – zaurzaurim, das allen empfohlen sei, die einmal wissen wollen, warum der Mensch so gerne reimt.

Kein Ernährungstipp und nur des Reimes wegen:

Fritten lassen bitten!

Guten Abend

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