Flache Texte

Mr. Morsoe hat mich aufgefordert, einen flachen Text zu schreiben.

=> 1. Versuch
Der hier. Vor mir ein leerer Bildschirm. Mein Kopf ist auch leer.
Meine Hosentasche links: leer.
Hosentasche rechts – Mist, ein 5-Cent-Stück und ein kleines Stück Toilettenpapier. Zum Glück ist beides flach. Toilettenpapier ist zweimal flach. Es hört sich blöd an, wenn einer sagt, ich hab ein Stück Toilettenpapier in der Hosentasche. Wozu soll es gut sein? Das hier hat ein Muster in hellblau, Wolken und Sonnen in Strichmanier. Passt das eigentlich zu Toilettenpapier? Gehen hier Gestaltung und Zweck Hand in Hand? Kann ich leider nicht sagen, dann wäre der Text nicht flach genug. Könnte höchstens erzählen, wieso das Toilettenpapierblatt in meiner Hosentasche ist. Ich wolle das Blatt scannen, genauer eine Ecke davon, wo eine der Strichmännchensonnen zu sehen ist. Andere flache Sachen wollte ich auch scannen, um anschließend am Bildschirm eine Collage daraus zu schieben. Habe ich aber nicht gemacht. Hatte plötzlich keine Lust mehr dazu. Die Collage gibt es also nicht. Sie wäre natürlich ziemlich flach gewesen, denn sie hätte ja nicht mal aus Papier bestanden. Doch zum Glück habe ich sie nicht gemacht. Denn es gibt sicher genug flache Collagen auf der Welt.
Es gab mal einen Politiker, der Karl-Hermann-Flach hieß. Er gehörte zur FDP, bevor sie flach wurde. Auf Niederländisch heißt es „vlak“. Bei denen bedeutet es auch „dicht“. Vlak bij – das ist: dicht beieinander. Hat nichts zu besagen, dass es bei uns diesen Wortsinn von flach nicht gibt. Kann man vergessen. Wie diesen Text hier.

=> 2. Versuch
Ein flacher Text handelt natürlich nicht von flachen Dingen. Im Gegenteil. Wenn ich jetzt über die weiblichen sekundären Geschlechtsorgane schreiben würde … Was? Ja, über Titten und so weiter – nee, mach ich nicht, den Rest kann man sich ja denken.

=> 3. Versuch
Hallihallo Blogwelt, ich schreibe hier über mein ach so aufregendes Leben, an dem ich die Welt teilhaben lassen möchte. Ist das nicht nett von mir? Also, fangen wir beim Anfang an: Heute Morgen habe ich mir Kaffee gemacht und anschließend gefrühstückt. Es war gegen 7 Uhr, könnte aber auch früher gewesen sein. Ich gucke mich um und denke: Huch, was is’n das? Ich hab ja ein Fenster in meiner Küche! Da hab ich doch glatt mal rausgeguckt. Und was sehe ich? Kommt ein rotes Auto vorbei. Und dann noch eins, das war allerdings schwarz.
Mein Nachbar, der eigentlich ein Nachtschattengewächs ist, verließ seine Wohnung und ging die Treppe hinunter. Da habe ich noch einmal zum Fenster hinausgeguckt. Ich wollte ihn sehen, denn er ist so schön gruselig. So blass, mit einem finsteren Bart und langen pisseligen schwarzen Haaren, die er zu einem Zopf zusammen bindet. Den höre ich selten und sehe ich noch seltener. Er grüßt auch kaum. Keine Ahnung, ob er richtig sprechen kann. Doch sonntags flippt er aus. Dann hört er irische Volksmusik. Die dreht er so laut auf, dass ich sie durch die Wand ein bisschen hören kann. Der lässt echt die Puppen tanzen, denke ich dann, und ich stelle mir vor, wie er seinen Pferdeschwanz löst, die Haare schüttelt, sich breitbeinig hinstellt und Headbanging macht.
Huch, jetzt ist schon Mittag. Hab mir echt Mühe gegeben und Zeit genommen für mein Blog. Ich hoffe, man weiß es zu würdigen.
Bis später! Dann: Mein aufregender Nachmittag.

=> 4. Versuch
Wenn wir auf der Erde eine Anziehungskraft von 12 g hätten, wären alle Lebewesen platt wie Flunder. Es gibt einen SF-Zyklus von Hal Clement über einen solchen Planeten: „Schwere Welten“.

❗ Flacher Schluss: Wenn die Welt flach ist, hat der Mensch es schwer.

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