Kartoffelstempel Ypsilon

Da war ein altes Buch, das ich unbedingt haben wollte aus der Bibliothek. Es ist schon einen Weile her, bevor die Computer Einzug hielten. Und ich konnte es verdammt noch mal nicht kriegen. Es war keine Präsenzbibliothek. Man musste Bestellzettel ausfüllen und warten, bis das Buch mit dem Aufzug aus dem Kellerdepot kam.

Jedesmal gaben sie mir einen Fehlzettel statt des Buches. Sie konnten es da unten nicht finden; es war verschollen. Irgendwann hätte ich mir aus den Fehlzetteln ein eigenes Buch binden lassen können.

Dann plötzlich tauchte es auf. Es war von 1920, verfasst von dem Ingenieur Walter Porstmann, Berlin, und befasste sich mit einer Schreibreform. Porstmann wollte die Buchstaben aus der Holzzeit in die Stahlzeit holen. Er nannte sie Staben. Die Rechtschreibung, die er vorschlug, war revolutionär wie die Zeit, aus der das Buch stammte.

Nur zwei Leute hatten es vor mir gelesen. Beide hatten mit Bleistift hineingeschrieben. Der eine hatte Sütterlin benutzt. Ich Tünnes ärgerte mich über die Bemerkungen des zweiten. Es war ein Nazi gewesen, der überall: Falsch! Undeutsch! und derartige Sachen hinterlassen hatte. Da nahm ich einen Radiergummi und rubbelte alles weg.

Ich war noch nicht fertig, da dachte ich: Was machst du denn da? Die Bemerkungen meiner Vorleser waren doch längst Bestandteil des Buches geworden. Sie gaben Auskunft darüber, wie man damals gedacht hat. Es war zu spät. Tut mir leid.

Was ich sagen will: Es kann spannend sein, in einer Bibliothek zu forschen. Man ist wie ein Jäger und Sammler unterwegs. Mal findet man nichts, mal hält man freudig ein Buch in den Händen, das älter als hundert Jahre ist und das eigentlich nicht mehr der Ausleihe zur Verfügung steht.

Beim Internet geht es mir ganz anders. Habe ich eine Frage und gebe sie ein, schwuppt mir alles maulgerecht auf den Bildschirm. Und anfassen kann ich auch nichts. Dann bin ich sofort tödlich gelangweilt. Im Internet z.B. bei wikipedia scheint schon das Wissen der Menschheit abrufbar zusammengetragen zu sein.

Der blog hier heißt „abcypsilon777“. Ich habe ihn ohne groß nachzudenken so genannt.
Der Sinn: Das „abc“ ist das Werkzeug, mit dem ich arbeite. Das Ypsilon steht für ein aus der Antike bis ins 19. Jahrhundert bekanntes Sinnbild für einen guten Lebensplan. (777 weil ich auch ein bisschen abergläubig bin). Nun fragte ich mich, ob das Symbol noch bekannt ist, so dass man die Erklärung schon im Internet findet. Ich habe nicht nachgesehen, weil ich es mir nicht entzaubern wollte.


(Quelle: Fremdwörterduden)

Den Text mit der Auflösung will ich morgen schreiben.
Falls jemand vorher noch im Internet gucken will und eine Erklärung geben – es wäre spannend. Es ist ein kleines gelehrtes Rätsel.
Es gibt Gelehrte überall! Oder Findige!

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9 Kommentare zu Kartoffelstempel Ypsilon

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