Junge Menschen mit Eisen im Gesicht

Vor einem Jahr war ich eingeladen, an einer Kunstausstellung im Ruhrgebiet teilzunehmen. Ich kannte dort niemanden, es war ein Zufall. Als ich eintraf, fand ich eine alte Fabrikhalle, und das Dutzend anderer Künstler bestand aus Leuten um die zwanzig, allesamt schwarz gekleidet, Eisen im Gesicht, und mindestens die Frauen hatten schwarze Ränder um die Augen gemalt.

Und ich trug auch noch, quasi versehentlich, ein weißes Hemd. Ihre Kunst war düster, schwer, voll innerer Qual und Weltschmerz – meine Bilder waren hell, sie stammten aus Zeiten, als es mir gut ging und ich noch zeichnete. Was mache ich hier, dachte ich, und sie haben gewiss gedacht: Was macht der hier?

Ich brauchte Material, um die Bilder zu hängen, deshalb kamen wir ins Gespräch. Als ich am Abend nach Hause fuhr, trug ich ein schwarzes Hemd, metaphorisch gesprochen. Wir hatten uns gut unterhalten. Es war das Beste, was ich in letzter Zeit für mich gemacht habe, außer Blog zu schreiben natürlich.

Zu dieser Zeit war gerade Edvard Munchs „Schrei“ gestohlen worden, und Hardy, ein junger Künstler, der sich „Prinz Eitel“ nennt, hatte es. Er hatte es in eine Treppennische gestellt, mit Kerzen davor. Perfekt gefälscht! Seine anderen Bilder zeigten, dass er es nicht nötig hatte, Munch zu fälschen. Nie habe ich so viele ernsthaft kluge Menschen auf einem Platz getroffen, die unter ihrer Gesichtsbleiche, dem Eisen im Gesicht und den schwarzen Klamotten so liebenswert waren.

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