Als die Herde schlief, kam die Gewalt


Als wir schliefen, derweil die Nacht besonders tief war, hat uns also die Herrschaft die Stunde zurückgegeben, die sie uns im vergangenen März gestohlen hatte. Die wenigsten von uns werden wach geblieben sein, um das Ungeheuerliche zu erleben. Wie ging das zu? Hat der große Lenker das Räderwerk der Zeit angehalten, den gewaltigen Bremshebel gezogen, bis das ewige Ticktack der kosmischen Uhr erstarb? Ließ er darob den gigantischen Stundenzeiger gegen seine Natur von 3:00 Uhr auf 2:00 Uhr rückwärts laufen, bis es krachte? Es muss ein Gewaltakt gewesen sein.

In Wahrheit hat die Herrschaft überhaupt nichts an den kosmischen Zahnrädern verstellt. Es überstiege ihre Möglichkeiten. Die Herrschaft hat nur ein Dekret herausgegeben, eine Verrordnung, uns einmal nur mitgeteilt von den untersten und geringsten Beamten, die man in den labyrinthischen Kellern der herrschaftlichen Bürokratie aufgestöbert hat. Die Nachricht ist schlicht. Sie lautet: „Die Zeit wurde umgestellt.“ Und wir? Wir sind eine riesige Herde, Milliarden Trottel, die sich danach richten. Ein jeder Trottel wird tun, was die Laune der Herrschaft befiehlt, den Gewaltakt vollziehen und seine Uhren umstellen, vor allem aber die innere Trotteluhr. Warum tun wir das? Was motiviert uns zu diesem Irrsinn?

Die Motive der Herrschaft liegen offen dar. Man will uns das Gehorchen beibringen, uns daran gewöhnen, unsinnige Befehle auszuführen, und wenn wir dafür unsere Natur verbiegen müssen. Man will prüfen, ob wir wirklich willfährige Schafe sind.

Aber ja. Wie zum Hohn lässt man uns in Presse, Funk und Fernsehen erklären, dass die Zeitumstellung Humbug ist, Statistiker führen aus, welche Schäden den Volkswirtschaften entstehen, Tierärzte mahnen wegen der armen Kühe, die nicht mehr wissen, wann sie denn jetzt gemolken werden, sogar demokratisch gewählte Politiker fordern, dass jetzt Schluss mit der Umstellerei sein müsse. Das lehrt erst den wahren Untertanengeist, wenn man gegen besseres Wissen, gegen Natur und Gefühl zu handeln gezwungen ist. Wenn weder bessere Einsicht noch Wissenschaft, noch Politiker etwas ausrichten können, dann wissen wir endlich, wie ohnmächtig wir gegenüber der anonymen Herrschaft des Faktischen sind.

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