Auf Militärschrott lässt sich gut trommeln

Seit Wochen werden wir mit medialer Kriegspropaganda überschwemmt, wird gefaselt von der neuen kriegerischen Verantwortung, die Deutschland übernehmen müsse. Plötzlich kommt in der vergangenen Woche die Nachricht von Ausrüstungsmängeln bei der Bundeswehr auf den Tisch. Keine Zeitung, keine Nachrichtensendung ohne neue Hiobsbotschaften von fluguntauglichen Hubschraubern, veralteten Transportmaschinen, von einer nicht einsatzfähigen Bundeswehr. Die Journaille reagiert mal wieder besinnungslos und reicht als Fakt weiter, was ebenso gut von den PR-Abteilungen der Bundeswehr oder der Waffenindustrie lanciert sein könnte.

Schon die Plötzlichkeit, in der diese „Informationen“ aufkommen, zeigt eine Kampagne an, denn die Bundesregierung und ihre Sprachrohre sind ja nicht erst gestern von hinterm Mond eingewandert und stellen jetzt fest: „Huch, hier bei der Bundeswehr ist ja alles kaputt!“ So einen Schrecken bekam ich auch letztens, als im Feadreader von Tagesschau.de diese Nachricht auftauchte:
„Welches Königshaus?“, dachte ich, „seit wann haben wir denn wieder ein Königshaus? Zuerst wird ein Baron Verteidigungsminister, dann die Ehefrau eines Seidenbarons und jetzt mischt sich ein mir bis dato unbekanntes Königshaus ein… Das ist ja gruselig!“ In Wahrheit war’s Hellmut Königshaus (FDP), der Wehrbeauftragte des deutschen Bundestages. Vor lauter Tränen über den Zustand der FDP hat der leiderleider nicht sehen können, was quasi über Nacht mit der Bundeswehr passiert ist:

Wir dürfen nicht mehr viel vom „Rudeljournalismus“ der Printmedien erwarten, noch weniger von dem der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten. Tagesschau, Tagesthemen und heutejournal sind längst zu regierungsamtlichen Vuvuzelas verkommen, werden ja inzwischen von den eigenen Gremien wegen einseitiger Propaganda gerügt.

Zum Glück gibt
es politisches Kabarett wie die Anstalt, deren Akteure das aufklärerische Geschäft betreiben, in dem der Journalismus so kläglich versagt. Desgleichen Lichtblicke sollte man von den satirischen Formaten Extra3 (NDR), der heuteshow (ZDF) und „Nate Light“ (ZDFneo) erwarten, denn wozu ist die Satire gut, wenn sie in die gleiche Kerbe haut wie die verirrten Kollegen vom ernsthaften Fach? Da kommt also eine Steilvorlage aus den Tiefen des Raums, und unsere so genannten Fernsehsatiriker, Welke, Ehring, Simon, rufen: „Gib misch die Kirsche!“, um das Ding reinzumachen. Das klang in der vergangenen Woche so:

Christian Ehring (Extra3)
„Unsere Bundeswehr hat gravierende Ausrüstungsprobleme. Eigentlich kann man nicht mehr nur von Ausrüstungsproblemen sprechen, das geht schon mehr in Richtung Abrüstung.“

Oliver Welke (heute show): „Reden wir nicht drumrum. Unsere stolze Bundeswehr ist offensichtlich kaputt. Die ist fratze, die besteht nur noch aus Ersatzteilen. Man spricht schon despektierlich von „Uschis Resterampe“, meine Damen und Herren. Viele Panzer werden nur noch von Tesafilm und Vonderleyens Haarspray zusammengehalten. Aber am allerallerschlimmsten siehts wirklich bei der Marine aus.“
[Eingespielt wird eine Sequenz aus dem Militärsender N24 über nicht einsatzfähige Hubschrauber.]
weiter Welke: „Die Bundeswehr hat 2010 einen Bestellstopp für Ersatzteile beschlossen. Hehe, auf die Idee muss man auch erst mal kommen.“

Und weiter im platten Witz – kein Wort darüber, wer denn 2010 der verantwortliche Verteidigungsminister war, nämlich der Blender Karl-Theodor zu Guttenberg. Außerdem: Wie kann die Bundeswehr nur noch aus „Ersatzteilen“ bestehen, wenn seit 2010 keine mehr beschafft werden, Herr Welke?

Philip Simon (Nate Light):
Nun möchte ich jener gedenken, denen es nicht so gut geht im Land. Meine Gedanken sind bei der deutschen Bundeswehr. Die ist so schlecht ausgerüstet, die haben weniger intakte Hubschrauber als die Geissens. (..) Ist Deutschland bald auf dem militärischen Level wie Legoland.“

Hehe, Witz komm raus … Hinter diesen Komikern stecken doch Redaktionen. Ist denn da niemand auf die Idee gekommen, nach der Herkunft der Steilvorlage zu fragen, bevor sie ihre Leute einfach zutreten lassen? Eventuell ist’s gar kein Ball, sondern eine Schweinsblase mit Blut und Scheiße gefüllt. Beispielsweise hätte man sich den Verteidigungsetat ansehen können und fragen, wo das Geld denn geblieben ist:

Rechnen wir die offiziellen Zahlen zusammen. Zwischen dem Jahr 2000 und 2014 haben deutsche Steuerzahler 415,7 Milliarden Euro für den Verteidigungsetat aufgebracht. Diese unfassbare Summe kann nicht völlig draufgegangen sein, um Uschi, Karl-Theodor, ihre Vorgänger und all die anderen Symbolpolitiker zu Stippvisiten nach Afghanistan oder ans Horn von Afrika zu fliegen. Es drängt sich der Gedanke auf, dass ein Haufen Inkompetenz nötig ist, soviel Geld zu verplempern.

Es ist jedoch viel interessanter zu fragen, wieso unsere politische Kaste, allen voran Ministerin von der Leyen, sich so in die Kritik begeben. Die Antwort liegt auf der Hand: Hier soll das Volk auf eine massive Erhöhung der Verteidigungsausgaben vorbereitet werden, und indem wir alle uns der Schmach einer untauglichen Bundeswehr ausgesetzt sehen, wird es schwer sein, dagegen zu argumentieren. Bei all dem Getrommel auf Militärschrott wird unterschlagen, dass die Bundeswehr per grundgesetzlichem Auftrag ganz und gar nicht für Auslandseinsätze geschaffen wurde, wenn auch unser Bundespräsident und Konsorten das gerne verändert sähen.

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