Der kaiserliche Goldtaler – Der unheimliche Kristallspiegel

Nr. 20 – Der kaiserliche Goldtaler

Im Besitz einer Familie aus Österreich befindet sich ein Goldtaler. Man hat ihn vom Großvater geerbt. Der lebte als kleiner Junge in einem Dorf in den Österreichischen Alpen. Das Elternhaus lag abseits des Dorfes. Jeden Abend musste der Junge ins Dorf laufen, um beim Bauern Milch zu holen. Einmal hörte er vom Marktplatz her Marschmusik. Er lief hin und staunte die Militärkapelle an. Erst nach einer Weile riss er sich los und ließ sich beim Bauern die Milchkanne füllen. Weil er so getrödelt hatte, musste er sich beeilen. Auf dem Weg stolperte er und stürzte mit dem Knie in einen rostigen Nagel. Sein Vater schimpfte mit ihm, denn der Junge kam viel zu spät zurück und hatte auch noch Milch verschüttet. Deshalb wagte er nicht, von seinem Unglück zu erzählen und legte sich mit seinem wunden Knie ins Bett.
Am nächsten Morgen war das Knie angeschwollen, und der Junge war fiebrig. Man brachte ihn in die Stadt ins Krankenhaus. Dort legte man ihn in einen großen Krankensaal, in dem Verwundete des ersten Weltkriegs lagen. Einige Tage später erwartete man Besuch vom Kaiser. Das Krankenhaus war in heller Aufregung, und der Direktor wollte nicht, dass der Kaiser die vielen Kriegsverletzten zu sehen bekam. So ließ er sie alle in den Keller bringen. Als der Kaiser mit seinem Gefolge den Krankensaal betrat, fand er nur den Jungen in seinem Bett. Er begrüßte den Jungen, sprach mit ihm, und als er sich abwenden wollte, rief der Junge ihn zurück und sagte leise:
„Willst du wissen, wo die anderen sind?“
„Ja, gibt es denn noch andere?“
„Schau einmal im Keller nach.“
Da war der Kaiser so gerührt, dass er dem Jungen einen Goldtaler schenkte.

Die absolut wahre Geschichte erzählte mir in den 80-zigern des letzten Jahrhunderts eine Schülerin der 5. Klasse anlässlich einer Unterrichtsreihe über Familiengeschichten.

Nr. 21 – Der unheimliche Kristallspiegel

Ein Mädchen hatte in London lange Zeit auf nur einem Zimmer möbiliert wohnen müssen. Eines Tages bekam sie endlich eine Wohnung angeboten. Als sie aus dem Zimmer auszog, bedauerte sie nur eins, dass sie das Schmuckstück des Zimmers, den großen Kristallspiegel an der Wand, nicht mitnehmen konnte, vor dem sie so gerne gesessen hatte. Sie beschloss, sich von den anderen Hausbewohnern zu verabschieden und machte ihre Runde durchs Haus. Zum Schluss klopfte sie an die Tür ihres Zimmernachbarn, den sie noch nie zu Gesicht bekommen hatte. Auf ihr Klopfen öffnete ein etwa 40-jähriger finsterer Mann. Der schaute verdutzt, das Mädchen aber bekam den Schock ihres Lebens. Denn wie sie über seine Schulter einen Blick ins Zimmer warf, gewahrte sie an der Wand, die an ihr eigenes Zimmer grenzte, eine große Glasscheibe, und durch die Scheibe sah sie in ihr eigenes Zimmer.

Quelle: Hilversum III, Jeroen van Inkeln
(Mehr Sagen: klicke Startbild)

Musiktipp
Milky Chance
Stolen Dance (live at studio brussel)

Dieser Beitrag wurde unter Ethnologie des Alltags abgelegt und mit , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.