Mein Lieblingswitz trägt Bart

„Wenn ich meine Frau küssen will“, sagt der Japaner, „muss ich in die Knie gehen. Aber nicht, weil ich so groß bin, sondern weil unsere Frauen so zierlich sind.“
„Wenn ich meine Frau umarmen will“, sagt der Araber, „muss ich meine Arme ganz weit ausbreiten. Aber nicht etwa, weil ich so kurze Arme hätte, sondern weil unsere Frauen so wunderbar drall sind.“
„Wenn ich“, sagt der Deutsche, „meiner Frau einen Klaps auf den Hintern gebe, bevor ich zu Arbeit gehe, dann wackelt der noch, wenn ich zurückkomme. Aber nicht etwa, weil meine Frau so einen dicken Hintern hätte, sondern weil wir in Deutschland so kurze Arbeitszeiten haben.“

Das war mal lange Zeit mein Lieblingswitz, weil er ein altes Witzschema radikal erneuerte durch seine überraschende Wendung im Schluss, die Akzentverschiebung weg von dem Geprotze über körperliche Merkmale hin zu sozialen Errungenschaften. Aber was ist, wenn die Frau morgens früher als er aus dem Haus muss, weil sie selbst einen Beruf ausübt? Funktioniert der Witz dann noch?

„Wenn ich meiner Frau einen Klaps auf den Hintern gebe, bevor sie zur Arbeit geht, dann wackelt der noch, wenn sie nach Hause kommt.“

Egal wie kurz die Arbeitszeit der Frau ist, es wäre nicht gut, wenn während der Arbeit ihr Hintern nachwackeln würde. Was würden die Kollegen sagen? Am heimischen Herd dürfte jeder Hintern nach Herzenslust wackeln, aber im Büro wäre das eventuell sexuelle Belästigung. Und aus Bahn und Bus würde sie vielleicht rausfliegen wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses.

Möglicherweise ist es auch grad umgekehrt. Der Mann macht in Ermangelung eines Jobs den Haushalt, und sie gibt ihm morgens einen Tritt, damit er den Hintern aus dem Bett hochkriegt. Der könnte dann ja noch wackeln, wenn sie zurückkommt, aber es wäre mit dem Arschwackeln eines Hausmanns vor Japanern oder Arabern kein Staat zu machen.

Und nicht zuletzt stimmt ja die Aussage von den kurzen Arbeitszeiten der Deutschen nicht mehr. Den Witz hörte ich in der Zeit der 35-Stunden-Woche. Inzwischen steigt ja die Wochenstundenzahl in vielen Branchen wieder. Zudem liegt die reale Arbeitszeit in vielen Betrieben höher, wenn man die Überstunden einbezieht.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Realität des Witzes nicht mehr mit unserer Lebenswirklichkeit übereinstimmt, was man allein daran ablesen kann, dass man im Alltag so gut wie nie wackelnde Ärsche zu sehen kriegt. Und man darf das nicht einmal bedauern, nicht wegen der gestiegenen Arbeitszeit, nicht wegen skandalöser Überstundenregelungen, nicht wegen der Arbeitslosigkeit oder der Schufterei für einen Hungerlohn, sondern weil es politisch unkorrekt ist, statt eines Kusses auf den Mund einen Klaps auf den Hintern zu geben.

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