Sie haben Post – vom Starnberger See (2) – Viecherei

Dem großen dicken Franz haben sie sei Pferdewürschtl gestohlen. Am Morgen vor dem Frühsport hat er sie noch stolz mit „Trap-trap!“ hergezeigt, und am nächsten Tag sind sie gestohlen. Aus dem Patientenkühlschrank, obwohl sei Name wohl hat draufgestanden. Vielleicht hat der Dieb dem Franz sei Namen gar nicht als Eigentumsmarke erkannt, sondern gedacht, das Pferd, von dem die Würschtl stammen, hat Franz geheißen. Wie einmal im Münchner Biergarten am Flaucher ein ganzer Ochse am Spieß gesteckt hat, der im Leben „Werner“ geheißen, was ja auch nicht gerade ein typischer Ochsenname ist. Man sieht daran, dass die Verdinglichung des Viehs noch nicht bis Bayern vorgedrungen ist. Von wegen, die Ochsen tragen heutzutag nur noch eine Nummer im Ohr oder gar einen RFID-Chip unter der Haut. Bayrische Ochsen tun „Werner“ heißen oder sicher auch manchmal „Franz“. Ein dampfendes Stück Werner oder Franz auf dem Teller zu haben, hat etwas Kannibalistisches, wie überhaupt durch die Vergabe von Menschennamen an Tiere eine Sorte Gemeinsamkeit der Arten hergestellt wird, die ja zumindest bei Rindsviechern und Schweinen ohnehin besteht.

„Ich habe kein Wort verstanden“, sage ich dem Finanzbeamten aus Kochel. „Weils de so oin Saupreiß bist!“, befindet er. Wieso der in jungen Jahren einen Herzinfarkt gehabt hat, ist nicht ganz klar, denn gefragt, was er arbeite, hatte er gesagt. „Ich arbeite eigentlich nicht, denn ich bin Beamter.“ An meine Existenz als Saupreuße habe ich mich inzwischen gewöhnt. Es ist auch bequem und manchmal recht hübsch, überhaupt nichts zu verstehen, denn es wird ja oft so ein Mist dahergeredet den lieben langen Tag, und davon überhaupt nur die Laute mitzubekommen, ohne dem Inhalt bis in die törichste Verästelung folgen zu müssen, das entlastet das Gemüt.

Was das Timing meines Infarkts angeht, kann ich mich nicht beklagen. Hier lacht mir fast jeden Tag die Sonne, und manchmal habe ich glatt ein schlechtes Gewissen, wenn ich der arbeitenden Bevölkerung gedenke, die schuften muss und sich krümmen, derweil ich faul in der Sonne liege und die herrliche Aussicht auf den Starnberger See genieße. Von meinem Herzinfarkt sei per Ultraschall keine Spur mehr zu erkennen, „OB, ohne Befund“, hat mir die Oberärztin letztens gesagt. Und auch die Pumpleistung meines Herzens wäre wiederhergestellt. Entweder handelt es sich um eine Wunderheilung oder ich hatte gar keinen Infarkt. Man könnte denken, ich bin erst einmal krank geredet, und jetzt wieder für gesund erklärt worden. Freilich den Stent habe ich an der richtigen Stelle. Und falls ich mal unter den Tisch gucke und murmle: “ Ich glaub, mein Stent ist rausgefallen“, dann ist das nur ein schlechter Scherz, denn die Dinger sitzen bombenfest.

Eine Sache beschäftigt mich, wenn ich mir die Insektenstiche ansehe, die ich mir in letzter Zeit zugezogen habe. So ein Insekt muss doch die Wirkungen der Medikamente spüren, muss eigentlich ständig besoffen sein von Betablockern und Blutverdünnern aus Patientenvenen und -adern. Und wenn so ein chronisch sediertes Insekt im Magen eines Vogels landet, dann muss doch auch der ein bisschen schummrig sich fühlen. Was also geschieht in der Umgebung von Kliniken mit der Tierwelt? Darüber weiß man nichts Genaues nicht, aber wenn ich Insekt wäre, ich würde mich derzeit nicht stechen. Sowieso nicht.

Genug für heute. Beste Grüße und Servus miteinand!
Trithemius

Dieser Beitrag wurde unter Teppichhaus Intern abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

7 Kommentare zu Sie haben Post – vom Starnberger See (2) – Viecherei

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.