Schwarze Männer von der Nordsee bis Wien – Netzexperiment

Die beiden Göttinger Professoren Jacob und Wilhelm Grimm mussten im Jahr 1837 die Universität und Jacob gar das Königreich Hannover verlassen, weil sie zu den sieben Professoren gehörten, die sich der willkürlichen Verfassungsaussetzung durch den neuen König Ernst August widersetzt hatten. (Die Göttinger Sieben)

Die Gebrüder Grimm emigrierten nach Berlin. In dieser Situation regten die Leipziger Verleger Reimann und Hirzel die Verfertigung eines Deutschen Wörterbuches an. Nachdem sie sich zu dieser gewaltigen Aufgabe durchgerungen hatten, sicherten sich Jacob und Wilhelm Grimm die Mitarbeit von Gelehrten, Literaten und interessierten Laien. Ein Jahr nach dem Beginn im Jahr 1852 war die Schar der Mitarbeiter schon auf 30 angewachsen, später auf 80. Die große Zahl der Mitarbeiter war erforderlich, weil die Grimms den Ehrgeiz hatten, die Wörter in ihren jeweiligen Varianten aus der Literatur der Vergangenheit auszuheben, zurückgehend bis zum frühneuhochdeutschen Schriftsteller Johann Baptist Fischart, (1546-1591), mitsamt Fundort und Zitat.

Die beiden waren sich bald im Klaren, die Fertigstellung des Deutschen Wörterbuchs nicht mehr zu erleben, denn man kann sich vorstellen, dass die Arbeit nur langsam voranging, weil die Sammlung der Wörter per Briefpost geschah und zumal die Textzitate von Hand abgeschrieben werden mussten. So starb Wilhelm schon 1859 beim Buchstaben D, Jacob im Jahr 1863 bei der Bearbeitung von F, genau bei dem Lemma FRUCHT. Im erst 1961 fertig gestellten Wörterbuch findet sich zu FRUCHT*) eine rührende Fußnote von Jacob Grimms Nachfolger Weigand:

*) Mit diesem worte sollte JACOB GRIMM seine feder von dem werke leider für immer niederlegen.

Diese Geschichte soll illustrieren wie einfach dagegen die ethnologische Forschung oder Sprachforschung in Zeiten des Internets geworden ist. Unser Forschungsgegenstand ist ein Straßenspiel: „Wer fürchtet sich vor dem Schwarzen Mann?“ Ich will herausfinden, wo es bekannt ist und gespielt wird oder wurde. Näheres hier.

Es ist ein Experiment, das im Internet zu tun und das Ergebnis mit Google maps darzustellen. Innerhalb eines Tages habe ich bereits 16 Nachweise in die Karte eintragen können. Inzwischen füllt sich die Karte. Das Spiel wird oder wurde von der Steiermark bis zur Nordsee gespielt, es gibt sogar Nachweise aus Norditalien “Avete paura dell’uomo negro?” und von der Iberischen Halbinsel “¿Le tienes miedo al coco?” (Wortmischer im Kommentar), was schon beachtlich ist, wenn man bedenkt, dass solche Spiele mündlich verbreitet werden, unabhängig von Medien der Fernkommunikation. Allenfalls die Eisenbahn könnte hier in neuerer Zeit geholfen haben über Kinder, die damit in die Ferien fuhren.

Interessant ist die Frage, wann das Spiel entstanden ist. Falls jemand Hinweise dazu hat, bitte ich darum, sie mir zu schreiben. Ich bitte auch herzlich um weitere Meldungen und will Angaben zu Besonderheiten in die Karte aufnehmen.

Vielen Dank für die Mitarbeit – und bitte leiten Sie die Frage nach der Verbreitung des Spiels an Ihr Netzwerk weiter.


Verbreitungskarte hier

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21 Kommentare zu Schwarze Männer von der Nordsee bis Wien – Netzexperiment

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