Ethnologie des eiskalten Alltags – Mpemba-Effekt und Mops

Die Tasse kippte um, und der heiße Kaffee schwappte über meine Tastatur. Zu meinem Pech trat augenblicklich der Mpemba-Effekt ein – der Kaffee gefror. Ich musste zuerst das Eis von den Tasten klopfen, um das Unglück vermelden zu können.

Im Schreibwarenladen konnten sich Mann und Frau kaum vor den Kunden zusammenreißen, sich nicht gegenseitig anzugiften. Sie trat neben ihn und zischelte etwas. Offenbar ging es um die Heizung, die nicht warm genug wurde. Da sagte der Mann ungeduldig, das liege am Heizwerk, das schaffe nicht, diese Temperaturen zu überwinden. Ich hatte zuvor die Fahne des mittleren Kamins der „Drei warmen Brüder“ gesehen. Weißer Dampf stak wie steif gefroren rechtwinklig in den blauen Himmel. Da wusste ich, woher der Wind weht. Kaum zu glauben, dass wir die Luft aus Sibirien hier haben. Ich habe immer gedacht, Sibirien gibt’s gar nicht, weil seine Größe mein Vorstellungsvermögen übersteigt. Jetzt glaube ich, Sibirien gibt’s doch, da gibt es sogar knarrenden Frost und eiskalte Luft, jede Menge, das Land bläst sich gar nicht leer. Möchte nicht wissen, woher es zum Ausgleich die warme Luft saugt. Am Ende aus unser aller Knochen.

Was macht in diesen kältestarren Tagen die Strickguerilla? Jetzt gäbe es doch genug zu bestricken, zum Beispiel den braunen Mops in der Straßenbahn Linie 10, den eine junge Frau gleichgültig an der Leine hat. Wann immer die Tür aufgeht, zittert er so erbärmlich, dass man wünscht, die Damen von der Strickguerilla würde Stricknadeln schwingend die Straßenbahn stürmen, Maßband raus, den Mops vermessen und quasi ambulant ein buntes Mäntelchen stricken.

Am späten Abend bin ich noch zum Kiosk an der Ecke gegangen und habe mir zwei Flaschen Bier gekauft. Zu Hause waren die Flaschen so kalt, ich habe sie zum Auftauen in den Kühlschrank gestellt. Als ich sie später herausholte, hatte das Gemüse Gefrierbrand.


Besser sieht man den Mpemba-Effekt hier:

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