Teestunde im Teppichhaus – mit Gebäck

Tee

Das Tee-Haus scheint etwas für verspielte Menschen zu sein. In der Praxis bewährt sich die Form nämlich nicht. Nach dem Aufbrühen bekommt man den aufgequollenen Tee nicht recht aus dem Häuschen, was auch einen Hinweis darauf gibt, dass der Tee nicht genug Raum hat, sich zu entfalten.

Benutzt man das Teehaus, dann wird das Wasser zum Tee, indem die Teestoffe in Form des Wortes Tea austreten, um sich erst dann im Wasser zu verteilen. Der Vorgang ist sprachtheoretisch interessant. Gemeinhin haben Lautfolge eines Wortes und seine schriftliche Form nichts gemeinsam mit der Sache, die sie bezeichnen. Da aber die Löcher im Dach das Wort „TEA“ formen, wird bei jedem Aufbrühen das Wort TEA ins Wasser geschrieben. Hier liegt also ein schriftmagischer Gedanke zu Grunde. Das Zeichen für „Tee“ vermischt sich mit der bezeichneten Flüssigkeit Tee. Eine Steigerung dieser magischen Idee wäre es, eine Schreibfeder in den so aufgebrühten Tee zu tunken, um das Wort „Tee“ damit zu schreiben.

Gebäck – Russisch Brot

„Woher die russischen Buchstaben stammen, die man bis 1914 als schmackhaftes Gebäck zu essen bekam, weiß ich leider nicht“, bekennt der Altphilologe Franz Dornseiff (1888-1960) in seinem grundlegenden Werk: „Das Alphabet in Mystik und Magie“ (Leipzig, Berlin 1925). Das Essen von Schrift sei jedenfalls uralter magischer Brauch.

Damals wurde Russisch Brot von drei Firmen hergestellt, von der Dresdener Waffelfabrik Gebrüder Hörmann (Ende 19. Jh.) und der Hannoverschen Cakes-Fabrik H. Bahlsen (seit 1906), zunächst als „Leibniz-ABC“. Die Dresdener Spezialitätenbäckerei Dr. Quendt produziert Russisch Brot seit 1845. Derzeit vertreibt sie ihr Produkt über die Handelskette EDEKA. Die Packung enthält nur die Buchstaben EDKA, weshalb sich kaum etwas damit schreiben lässt: DA, EDE, DEAD, DEKADE und, o Wunder, EDEKA.

Auf der Dr.-Quendt-Packung ist folgende Herkunftsgeschichte abgedruckt:

Auf der Homepage der Firma findet sich eine zweite Version:

Eine andere Geschichte erzählt von einem Empfang russischer Gesandter am Wiener Hof im 19. Jahrhundert. Dort hat der Hofbäcker anlässlich des hohen Besuches beim Wiener Kongress 1814/1815 ein Gebäck entwickelt, welches die russischen Gepflogenheiten – zur Begrüßung eines Gastes wird ein Stück Brot serviert – und dem feinen Geschmack der Wiener, verbinden sollte. So fand man ein nach Karamell schmeckendes Eiweißgebäck und nannte es Russisch Brot.

Beide Fassungen sind Ätiologische Sagen (Erklärungssagen).

Plausibler erscheint, was mir am 24. Mai 1989 die Gebäckfirma Bahlsen brieflich mitteilte: Der Name Russisch Brot habe gar nichts Geheimnisvolles. Er leite sich von „Rösches Brot“ her (rösch = knusprig). Die Bezeichnung „Russisch Brot“ beruhe auf einer volksetymologischen Umdeutung. Man bedankte sich für mein Interesse an dem „knackigen und knusprigen Gebäck, das im wesentlichen aus Eiweiß, Zucker und Kakaopulver besteht“ mit einer „Tüte ABC“. Die Entmystifizierung von Russisch Brot schien gelungen. Allerdings ging am selben Tag mein Auto kaputt.

Data-Becker-Russisch-Brot
Russisch Brot als Schrifttype wird übrigens von Linotype und Data Becker angeboten. Die im Schriftzug verwendete Variante Russianbread von Data Becker hat nur Versalien und Kapitälchen, die Linotype-Version hat Groß- und Kleinbuchstaben …
Linotype-Russisch-Brot03
… und könnte deshalb in den kleinen Schriftgraden theoretisch als Brotschrift eingesetzt werden, was jedoch unerfreulich für die Augen wäre. Wie erfreulich Russisch Brot von Covo, Hausmarke der Handelskette Penny, für Gaumen und Zunge ist, dazu werden hier Erfahrungsberichte ausgetauscht. Vielleicht haben das aber auch Marketingfachleute im Auftrag von Penny geschrieben.

iss den Text

Über die Mitteilung persönlicher Erfahrungen mit Russisch Brot und Hinweise auf Aspekte, die im Text noch fehlen, freue ich mich.

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2 Kommentare zu Teestunde im Teppichhaus – mit Gebäck

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