Okay, Ça va – Über die Bedeutung kleiner Wörter

Okay ist eines der bekanntesten Wörter der Welt, gehört zu den Internationalismen wie Hotel und Taxi. Vermutlich stammt es aus dem Amerikanischen, aber seine Herkunft ist dunkel. Wikipedia gibt allein zehn mögliche Etymologien an. Nur Otto Krafft kann der Urheber nicht sein, wie die Blättchen behaupten, denn der erste Beleg für OK stammt von 1839, Krafft ist aber erst 1879 geboren.

Beim Schreiben höre ich oft den belgischen Musiksender Studio Brussel, der guten Musikauswahl wegen. Gestern schloss der flämische Moderator Sam de Bruyn ein Telefongespräch ab mit „Ça va“, tadelte sich: „Jetzt habe ich „Ça va“ gesagt“ und korrigierte „Okay“. Wenn ein Flame „Ça va“ sagt, dann folgt er einer Gewohnheit der französischsprachigen Wallonen. Doch diese belgischen Volksgruppen sind sich schon lange nicht mehr grün. Bei den Flamen gibt es eine starke Partei von Separatisten. Man will die Wallonen loswerden. Weil sich die wallonischen und flämischen Parteien nicht mehr auf eine gemeinsame Staatsidee einigen können, hat Belgien nach der letzten Wahl am 13. Juni 2010 noch immer keine neue Regierung. Das ist Weltrekord und sichert Belgien einen Eintrag im Guinness Buch der Rekorde für die längste Zeit eines Staats ohne Regierung. Wegen des politischen Streits zwischen Flamen und Wallonen mag der Moderator auch nicht mehr „Ça va“ sagen, obwohl es ihm geläufig ist und unwillkürlich in die Worte gerät. Er sagt lieber „Okay?“. Da werden im öffentlich-rechtlichen Radio vorauseilend Sprachgrenzen dicht gemacht.

Übrigens scheint
Belgien gut ohne Regierung zurechtzukommen. Gestern meldete der Sender stolz, Belgien habe das gleiche Wirtschaftswachstum wie Deutschland. Wenn man die politische Diskussion in beiden Ländern betrachtet, kann man den Eindruck gewinnen, Politiker beschäftigen sich überwiegend mit Problemen, die sie selbst verursacht haben. Die eigentliche Arbeit wird von der Administration gemacht. Vielleicht stünde Deutschland sogar viel besser als Belgien da, wenn wir auch mal ein Jahr oder zwei ohne Regierung wären. Unsere derzeitige Regierung könnte doch einfach im Urlaub bleiben. Falls Regierungsmitglieder Entzugserscheinungen bekommen, könnten sie ein bisschen mit den Dienstwägen durch die Gegend fahren und irgendwo erste Spatenstiche machen oder Eröffnungsbänder durchschneiden. Das wäre Okay. Nur nicht weiterregieren.

Ça va?

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