Die Papiere des PentAgrion (3) – Tod auf dem Dachboden

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Man möge mir nachsehen, dass ich im letzten Kapitel schwere Kost vorgesetzt habe. Ich bin nicht verantwortlich, keinesfalls, für die Beschaffenheit der Kost, sondern habe nur die Zutaten zusammengetragen, zubereitet und angerichtet, so gut ich konnte. Es war leider nötig, quasi unabdingbar. Unvermeidlich nicht nur, um die späteren Ereignisse, Zwischenfälle, Begebenheiten und Entwicklungen einordnen und verstehen zu können. Auch mir muss ich schreibend einen Überblick verschaffen, muss schauen, wie die Dinge zusammenhängen, vernetzt, verknotet sind. Die Exkurse über Sprache und vor allem über das Übersetzungsproblem von Sprachen sind unbedingt erforderlich, weil PentAgrion in seinen Papieren behauptet, in der Art, in der sich Menschen der Sprache bedienen, liege der Schlüssel für das Verständnis des insgesamt destruktiven Verhaltens der menschlichen Art.

Auf der Skala1 von +5Konstruktiv und -5Destruktiv muss man die menschliche Art bei -6Destruktiv ansiedeln. Auf Skala2, der nächst höheren semantischen Stufe, bedeutet -6Destruktiv: Die menschliche Art ist in der Erzeugung von Destruktivem um einen Punkt besser, als es für die kosmische Ordnung gut wäre. Kurz gesagt: Der Mensch produziert zuviel Mist.
Aus den Papieren des PentAgrion

Vor einiger Zeit habe ich öffentlich mitgeteilt, dass ich unter einer Schreibhemmung litt, vielmehr habe ich es nicht mitgeteilt, denn als ich darüber schrieb, war die Blockade bereits weg. Wie sonst hätte ich darüber schreiben können. Lediglich eine Analyse meiner Veröffentlichungen der letzten Monate im Teppichhaus lassen ahnen, wann, zu welchem Zeitpunkt die Absperrung total war. Zeitweise schien sie brüchig zu werden, und es gelang mir, den einen oder anderen Satz nach draußen zu schleusen. Ich habe dazu Planken aus dem Verschlag reißen müssen, die sich über Nacht, wenn ich schlief, gelockert hatten und hervorstanden. Als eines Morgens nur noch ein wirres Brettergerüst stand, mit Latten kreuz und quer, da erst konnte ich schreibend vermelden, was mit mir los gewesen war. Nicht aber konnte ich die Wahrheit sagen, denn die eigentlichen Gründe und Ursachen ließen sich nicht mitteilen, sondern blieben an herausstehenden Nägeln, an den Splittern zerborstener Bretter hängen und zerplatzten, lösten sich in Nichts auf, waren einfach weg.

Man genehmige, gestatte, erlaube mir, dieses Bild der Blockade ins Beispiel zu übersetzen: Ich hatte nicht zwei Sätze geschrieben, da begann ich, mit dem einen oder anderen Wort zu hadern, ja, einen regelrechten Zwist auszutragen. Ich sah die Wörter scheel an, stellte ihren Platz im Satz in Frage, schob sie nach hinten, dann wieder nach vorn. Dann schalt ich sie und schimpfte ich mit ihnen, wenn sie sich an ihrem neuen Platz nicht in die korrekte deutsche Satzform einfügen wollten. „Fehlende grammatische Kongruenz!“, brüllte ich, und nun bereits zornig, immerhin missgestimmt oder leicht verärgert, eher betrübt, stellte ich die Wörter ganz in Frage und drohte ihnen nicht nur, sie gegen andere einzutauschen, ich tat es auch. Eins ums andere warf ich raus, löschte es, um ein Exempel zu statuieren, die anderen kirre zu machen. Das aber darf man mit Wörtern nicht machen. Sie werden rebellisch, bilden Banden, Gewerkschaften, wählen einen Fürsprecher, und der sagt, leck uns doch, wo wir schön sind. Sie dienen nämlich nur dem, der sie liebt und hätschelt. Dann entfalten sie sich freiwillig und tragen Sinn in den Satz.

Und das ist das Problem. Sagt PentAgrion. Der Sinn sei nämlich in den menschlichen Sprachen nur angelegt. Er entfalte sich erst eigentlich aus den Wörtern, aus ihrem emotionalen Bedeutungsfeld, das bei jedem Menschen anders gelagert sei. Diese eigenmächtige Sinnerzeugung sei dem Menschen nie bewusst. Daher glaube er bei jeder Äußerung, er hätte den Sinn genauso hineingelegt in den Satz, wie er wieder herausspringt. Das aber sei ein Irrtum mit verheerenden Folgen für den Austausch von sprachlicher Information und das Denken schlechthin. Denn jeder Mensch vertraue so blindgläubig diesen Worthülsen, dass ihm nur ein Denken auf bedauerlich niedrigem Niveau gestattet sei. Bedauerlich nicht für ihn, sondern für die Ordnung, das Gleichgewicht im kosmischen Plan.

Daher meine
Schreibhemmung, denn nachdem ich PentAgrions vernichtende Analyse der menschlichen Sprache gelesen hatte, konnte ich nicht einem Wort mehr trauen. Zum Glück, ja, wirklich, und glücklicherweise bin ich vergesslich. Ja, es ist meine hervorragende und beste Eigenschaft. So hatte ich nach einer längeren Schreibpause das Misstrauen gegenüber den Wörtern beinah vergessen. Sie verziehen mir, schmollten noch, dann sprangen sie mir wieder hurtig bei, und eben wollten sie sich sogar überschlagen und boten sich voller Übereifer an, drängten sich in Gruppen zu zweit und dritt in meine Sätze, so dass manches sogar zwei und dreimal gesagt wird. Es regt sich hier einfach die Stimme der Vernunft. Ein anderes Mittel als unsere Sprache haben wir nicht. Wie also sollten wir diese Welt verstehen, wenn wir unser einziges Übersetzungsprogramm wegwerfen, in die Tonne treten, ohne ein neues zu haben, Herr PentAgrion!

Tote Spur

Heute morgen habe ich die Sache Stijn van de Voorde weiterverfolgt. Das Ergebnis ist enttäuschend. Die Spur zu seiner Expedition Antarctica ist kalt, eiskalt sogar. Die Radiosendung wird nicht mehr ausgestrahlt, endete bereits am 2. März 2008. Und klickt man den Link an, unter dem angeblich noch weitere Informationen aus erster Hand zu finden wären, … deprimierend.

Seit einigen Tagen muss ich mir eingestehen, dass da wer im Kaminschacht in der Ecke meines Schlafzimmers wohnt, zumindest sich gelegentlich aufhält. Eine Weile war ich nächtens hochgeschreckt von einem unerfreulichen Schaben und Kratzen in der Wand, das ich beim besten Willen nicht dem Wind zuschreiben konnte. An einem hellen Morgen wollte ich der Sache auf den Grund gehen, bin also in den Keller hinabgestiegen, um zu sehen, ob sich vielleicht im Kaminschacht eine Öffnung befindet, durch die man aufsteigen kann bis zur ersten Etage. Mein Keller ist weiträumig und verwinkelt, reicht aber offenbar doch nicht bis unter mein Schlafzimmer. Falls der Kamin einen Kellerzugang hat, dann muss er sich im Nebenkeller befinden, und den zu untersuchen, daran ist kein Denken, der ist schon seit längerem durch einen Klebestreifen mit amtlicher Marke versiegelt.

Mir ist klar, dass sich auch ein Zugang auf dem Speicher befinden könnte. Dort bin ich noch nie gewesen, und kann mich auch nicht dazu entschließen hinaufzusteigen. Mir geht seit einigen Tagen nämlich die dubiose Geschichte des US-amerikanischen Künstlers Mark Lombardi durch den Kopf. Sie widerspricht Costers These, die wirklich wichtigen Informationen würden Zug um Zug ins schwarze Internet abwandern, soweit sie nicht vorher schon da waren.

Mark Lombardi wurde am 22. März 2000 auf dem Dachboden gefunden. Er hing an einem Balken. Andere Quellen sprechen davon, er habe in seinem Atelier gehangen. Sein Tod wurde von der Polizei vorschnell als Freitod gewertet. Lombardi hatte jedoch zuvor in nächtelanger Arbeit sein Meisterwerk BCCI-ICIC & FAB, 1972-1991 restauriert, das durch einen Wasserschaden zerstört worden war. Das Bild sollte in einem New Yorker Museum ausgestellt werden. Warum hätte er das Bild noch restaurieren sollen, wenn er ohnehin nicht mehr leben wollte.

Lombardis Bilder hatten schon in einigen anderen Museen gehangen. Auf diesen wandfüllenden Tableaus sind die internationalen Verflechtungen von Konzernen, Interessengruppen und Politikern grafisch dargestellt. Es wird berichtet, ein Journalist des Wall Street Journals, der über die Beziehungen zwischen der Bush-Familie und der Familie BinLaden recherchierte, soll 40 Minuten vor dem Bild BCCI-ICIC & FAB, 1972-1991 gestanden, immerzu nur „O, Gott!“ gemurmelt haben. Mark Lombardi hat stets betont, dass er all seine Informationen für diese gigantischen Soziogramme geheimer Netzwerke aus frei zugänglichen Quellen zusammengetragen hat. Einige der Journalisten seien aber ermordet worden.

Fortsetzung: -6Destruktiv

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