Eigentlich wollte ich etwas über die Religion der Karpfen im Maschsee schreiben. Sie müssen sich letztens schwer gewundert oder sogar geängstigt haben, und das beängstigend Unerklärliche steht bekanntlich am Anfang aller Religionen. In der Tagesschau wurde vergangenen Freitag ein Mann gezeigt, der mit einer Motorsäge einen dicken Block aus der Eisdecke des Maschsees schnitt. Der Eisblock sah aus wie ein Pflasterstein und hatte mehr als 13 Zentimeter Kantenlänge. Oberbürgermeister Stephan Weil (SPD) hatte daraufhin persönlich das Betreten der Eisdecke erlaubt, wozu er sich ans Nordufer begab und eigenhändig eine Flagge mit dem Stadtwappen hisste, zweimal sogar, einmal für die Hannoveraner und einmal für die Medien.
So kam es, dass sich der Himmel der Maschseekarpfen am Samstag unter Tausenden Paar Füßen verdunkelte, unter anderem auch durch meine und durch die wesentlich zarteren von Theobromina. Glücklicherweise haben Karpfen so gut wie gar kein Gedächtnis, und da der Karpfenhimmel mittlerweile dabei ist, seinen üblichen Aggregatzustand wieder anzunehmen, vergessen die Karpfen das Anbeten der Füße, und die jüngst populär gewordenen Karpfenpriester werden von allen Seiten wegen ihrer Torheiten gestupst. Es ist nämlich nicht wirklich segensreich zu glauben, die Welt schlüssig erklären zu können, was für Karpfen gilt wie für Menschen. In Wahrheit ist alles ganz anders. Und zwar grundsätzlich.
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