Kopfkino – Wissenswertes über Internet und Erdwärme

Wenn du in dunkler Nacht eine leere Straße gehst, und hinter dir wispert ein Blatt, das der Wind an deine Fersen geheftet hat, dann erschrickt etwas in dir und schickt dir die Warnung, du würdest verfolgt. Du drehst dich um, siehst den leeren Gehweg und denkst: „Ach nein, es ist nur ein Blatt, das der Wind an meine Fersen geheftet hat“, womit du das Erschreckte in dir beruhigst. Deine Phantasie hat dir einen Streich gespielt, hat sich ungefragt in deine Wahrnehmung der Realität eingeschlichen und dich für einen Moment getäuscht. Jetzt ist deine Welt wieder in Ordnung, denn du hast die Fiktion durch die Wahrnehmung der physikalischen Realität ersetzt.

Können wir im Internet ebenfalls so zwischen Wahrnehmung und Täuschung unterscheiden? No, Sir. Das eindimensionale Internet hat seine eigenen Wahrnehmungsgesetze. Im Internet vermischen sich Fiktion und Realität auf untrennbare Weise. Sie durchdringen einander, und in Teilbereichen überlappen sie sich, doch du kannst nie genau sagen, was in deiner Phantasie nur existiert oder real ist.

Auf-immer-im-Aufzug

In der eindimensionalen Internetwelt gibt es seltsame Erscheinungen. Eine davon ist die Gifgrafik. Im Bildbeispiel sind gutgelaunte, erwartungsfrohe Menschen zu sehen, die ein neues Gebäude der Technischen Hochschule Aachen besichtigen. Sie fahren in den Keller, wo man ihnen zeigen will, auf welche Weise das Gebäude mit Erdwärme geheizt wird. Im Jahr 2004 wurde eine Tiefbohrung niedergebracht, und nun strömt die Wärme aus 2500 Metern Tiefe in die Heizkörper. Die Gifgrafik bildet also eine reale Situation ab, die ich beobachtet und fotografiert habe. Die Bewegung des Fahrstuhls ist jedoch nicht gefilmt, sondern simuliert. Ihr liegt nur ein mehrfach manipuliertes Foto zugrunde, so dass man sagen kann, die im Gif gezeigte Realitätsabbildung ist in Teilen fiktiv.

Die Menschen im Aufzug werden niemals den Keller erreichen und somit auch nichts über die Energieversorgung durch Geothermie erfahren. In der eindimensionalen Realität der Gifgrafik sind sie vielmehr gezwungen, auf immer im Aufzug zu stehen, und niemand kann sagen, warum sie trotzdem vergnügt und erwartungsfroh schauen. Schließlich sind sie ihrer Individualität enthoben und dienen nur noch der Erheiterung des Betrachters. Und selbst, wenn es gar keine Betrachter gibt, müssen sie in den Keller, in den Keller, in den Keller. Stelle dir vor, du selbst wärst dort im Aufzug abgebildet. Dann hätte sich ein Teil von dir aus der dritten Dimension in die erste Dimension verflüchtigt, bestünde aus nichts und wäre trotzdem Teil der Realität.

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