Abendbummel online – Schwerer Ausnahmefehler im galaktischen Betriebssystem

Zweimal kam ich heute mit dem Rad am Hauptgebäude der Technischen Hochschule vorbei, am Mittag gegen zwölf und am Abend um sechs. Mittags war ich bei der Post gewesen, um einen Brief abzusenden. Der Briefmarkenautomat war außer Betrieb gewesen, und aus dem Schalterraum hatten die Leute bis auf den Vorplatz gestanden. Da hatte ich von meinem Vorhaben abgelassen, denn wegen einer Briefmarke eine halbe Stunde mit genervten Postkunden Schlange zu stehen, war mir ein wenig zu extravagant.

Auf dem Bürgersteig
war mir eine große Gruppe gleichkleiner Chinesen in dunklen Anzügen entgegengekommen. Sie strebten in Marschordnung dem Hauptgebäude der Technischen Hochschule zu. Etwa in der fünften Reihe ragte eine Frau hervor. Sie trug ein ockerfarbenes Jackett und wirkte zwischen den dunklen Chinesen wie ein mitgeführtes Banner. Ich passierte sie genau an der Ecke des Reiffmuseums und dachte noch: Was habt ihr es so eilig? Wollt ihr wieder Geheimnisse ausspähen?

Am Nachmittag nahm
ich den Brief mit auf eine Radtour und fuhr ihn ein bisschen durch niederländische Grenzorte spazieren. Auf dem Rückweg wollte ich ihn bei der Post im Aachener Vorort Kohlscheid loswerden. Die Filiale war dicht. Ihre Aufgaben erledigt man jetzt in einem Schreibwarenladen. Dort stand ich eine Viertelstunde auf den aufgemalten Füßen der Distanzzone, denn die beiden Angestellten verzweifelten über den apodiktischen Forderungen des Postcomputers. Irgendwann drücken sie eher zufällig die richtigen Tasten, und die Schlange hinter mir seufzt erleichtert. Die Kundin ist bedient. Es geht doch nichts über gut ausgebildetes Personal. Die Briefmarke kriege ich zackzack. Die Frauen hinterm Tresen sind mir hold, denn eine Marke von der Rolle zu reißen, sie auf einem roten Schwämmchen zu feuchten und dann zu wetteifern, wer sie auf den Brief kleben darf, das hat ein bisschen was von Kinderpost.

Diese an sich unerheblichen Begebenheiten schildere ich nur, um den heutigen Ausnahmefehler im galaktischen Betriebssystem zu beweisen. Denn man wird zugeben müssen, dass all die kleinen Begebenheiten und Imponderabilien in der Summe unwägbar sind, was ihren Zeitbedarf betrifft. Daher ist es völlig unwahrscheinlich, was geschah, als ich um sechs Uhr erneut am Hauptgebäude der Technischen Hochschule vorbeifuhr: Auf dem Bürgersteig kam mir eine große Gruppe gleichkleiner Chinesen in dunklen Anzügen entgegen. Sie strebten in Marschordnung dem Hauptgebäude zu. Etwa in der fünften Reihe ragte eine Frau hervor. Sie trug ein ockerfarbenes Jackett und wirkte zwischen den dunklen Herren wie ein mitgeführtes Banner. Ich passierte sie genau an der Ecke des Reiffmuseums.

Es sah aus, als wären die Chinesen und ihr Banner heute zwischen zwölf und sechs Uhr nicht von der Stelle gekommen, obwohl sie so zielstrebig ausschritten. Sie selbst schienen davon nicht zu bemerken; sie wirkten eifrig und entschlossen wie zuvor. Während ich diesen seltsamen Fall von Verzerrung der Zeitabläufe beschreibe, wächst in mir die Gewissheit, dass die Post an allem Schuld ist. Sie setzt vermutlich zu viele Imponderabilien in die Welt. Wer hat die Imponderabilien bei der Post eingeführt? Zumwinkel. Und ich habe für den Kerl eine Notopfer-Sondermarke in Umlauf gebracht.

Guten Abend

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