Nachrichten aus der Teppichhausredaktion (1)

Hier die Nachrichten Hehe, ein Förster im indischen Teil des Himalajas hat Haare gefunden. Sie werden derzeit von Forschern untersucht. Ich habe zwar nicht die Haare, wohl jedoch die Forscher mit eigenen Augen gesehen, und zwar am 3. August 2008 im ZDF-Journal. Sie hatten weiße Kittel an, weshalb man ihrer Haarforschung volles Vertrauen schenken darf. Die Haare sollen einem Yeti aus den Ohren gewachsen sein und haben vermutlich die Form von sauren Gurken. Das ZDF hatte auch eigens einen Korrespondenten nach Südtirol entsandt, um das Orakel Reinhold Messner zu den Haaren zu befragen, den bekanntlich einzigen Yeti, der jemals im Himalaja herumgeklettert ist. Messner sagte, der Yeti sei „eine Vorstellung des Menschen, die aus der Natur kommt“, was immer das bedeutet. Wir warten auf Nessie.

Aus mir unerfindlichen
Gründen hege ich Misstrauen gegenüber Menschen, die das Wort nichtsdestotrotz benutzen, wenn nicht gar nichtsdestowenigertrotz sagen, wo ein schlichtes trotzdem genügt. Das ist inflationäre Sprache. Sie will stets mehr Aufmerksamkeit als ihr zusteht. Ähnlich geht es mir bei der im Fernsehen um sich greifenden Floskel: „Einen wunderschönen guten Abend!“ Wie, was, reicht denn ein guter Abend nicht mehr? Soll ich alle Tage einen wunderschönen guten Abend haben, weil Fernsehmoderatoren es befehlen? Ich kann mich über das selbstgefällige Pack höchstens wundern, dass sie mir andauernd mit ihrem Discounter-Wunderschön auf den Wecker fallen. Aber das finde ich leider gar nicht schön. Da war mir Heribert Faßbenders schnoddriges „N’Abend, allerseits“ allemal lieber.

Es gibt irgendwo im
Sauerland einen Liederwanderweg. Er hat unterwegs Stationen gleich einem Kreuzweg, nur dass an den Stationen kein Jesusbild hängt, sondern eine Tafel aufgestellt ist mit dem Text eines bekannten Volkslieds. Eine bestimmte Sorte Mensch vorgerückten Alters läuft den Liederwanderweg ab, vornehmlich in losen Gruppen, die wegen der Fußlahmen nach hinten ausfransen. An jeder Station wird gewartet, bis die Gruppe sich gesammelt hat, und dann wird ein Volkslied gesungen, beispielsweise „Die Gedanken sind frei. Kein Mensch kann sie wissen, kein Jäger erschießen (…)“ Hirnforscher sind längst dabei, eine Landkarte des Denkens anzulegen. Diese Landkarte verzeichnet, welche Hirnregionen aktiv sind, wenn bestimmte Gedanken gedacht werden. Bestimmt haben die Gehirn-Kartographen nur beste Absichten. Eine Landkarte ist schließlich eine feine Sache, denn sie erlaubt, dass sich Fremde in deinem Kopf zurechtfinden wie auf einem Sauerländer Liederwanderweg.

Privatfernsehen: Mutter und Tochter tragen Privates vor Publikum aus. Weinend wirft die Tochter der Mutter vor, dass sie einen Pornofilm mit mehreren Männer gedreht habe, der auf den Handys der Mitschüler kursiert, weshalb die Tochter sich in der Schule allerhand zotiges Gerede anhören muss. Ach, und jetzt hat die Mutter schweres Leid und wimmert: „Es tut mir so leid, es tut mir so leid! Wir ziehen wieder zurück. Du kannst in deine alte Schule, wo es keiner weiß.“ Man kann nur hoffen, dass solche Auftritte getürkt sind, ausgedacht von verschmockten Gehirnen und aufgeführt von Laiendarstellern. Denn wer Menschen dem Gespött eines Millionenpublikums aussetzt, indem er sie dazu bringt, ihr Inneres nach außen zu stülpen und ihre schwierigen Lebensverhältnisse offen zu legen, wer das also tun würde, wäre so unfassbar versaut und verroht, dass man ihn doch nicht beim Fernsehen arbeiten ließe, oder?

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