Neues aus dem literarischen Untergrund – Kamelflöhe

Dies-ist-ein-StrafzettelDiesen Strafzettel fand ich am letzten Montag in der Gosse der Aachener Jakobstraße, wo er seinem Jargon gemäß gut gelegen hat.

Hui, dachte ich, wer den Zettel verfasst hat, dessen Kopf möchte ich lieber nicht haben. Die Diktion ist zu saftig und vor allem boshaft, und die atemlose und sinnfremde Aufzählung im 2. Absatz ist ziemlich absurd.
„20 Esel, 2 Elefanten, 1 Ziege und ein Trupp Liliputaner“ soll ja wohl keinen großen, sondern einen riesengroßen Parkplatz versinnbildlichen. Da hätten zwei Elefanten und zwanzig Esel dicke gereicht. Doch der unbekannte Verfasser quetscht noch „1 Ziege und einen Trupp Liliputaner“ mit rein. Das mutet kindlich an, denn Ziege und der Trupp Liliputaner benötigen ja so gut wie keinen Platz. Die Liliputaner könnten auf den Eseln sitzen, und die Ziege passt locker unter einen der Elefanten. Seltsam ist auch das Wort „naseweis“. Wer hätte schon jemals einem Falschparker entgegengeschleudert: „Sie sind aber naseweis, Sie!“ Naseweis ist ein Wort, das in ein kindliches Umfeld gehört. Zudem passt es inhaltlich nicht. Hier gibt mir der Duden „Die richtige Wortwahl“ recht: „naseweis: aus einer gewissen Selbstüberschätzung sich frech und vorwitzig um Angelegenheiten anderer kümmern.“ Dass sich ein Falschparker um die Angelegenheiten anderer kümmert, kann man nun wirklich nicht behaupten.

Die Fluchformel im Schlussabsatz hat etwas kindlich Analfixiertes und wirkt wie die Übersetzung eines arabischen Schimpfwortes. (Aber bitte keine Teppichhausfahnen verbrennen, weil ich angeblich arabische Fluchformeln kindlich-analfixiert genannt hätte. Es ist nur wegen der Kamelflöhe, die gibt’s hier nämlich nicht.) Kinder jedenfalls lieben absurde, schmutzige Sprachbilder, wie Peter Rühmkorf in seiner wunderbaren Sammlung von Sprüchen aus dem literarischen Untergrund Über das Volksvermögen gezeigt hat.

Nachdem ich die Fluchformel heute bei Google eingeben hatte, flogen mir die Arschlöcher und Kamelflöhe nur so um die Ohren. Der Spruch ist ungemein beliebt in Internetforen, und es gibt die Strafzettel in Elternforen, auf dem Kleinanzeigenmarkt, hier und hier, als PDF für den Selbstausdruck, als Wutzettel-Abreißblock für zwei Euro im Schreibwarenhandel und sogar im Kunsthandwerkerlädchen‚ in der Abteilung ‚Rund ums Osterei/Ostereier‘ für den Wunschzettel, natürlich „auf hochwertigem Papier“.

Im Forum „Unsoziales Parken“ gibt ein Master_Roam den Tipp: „du könntest z.B. beim Metzger ein Schweinegehirn kaufen. Nachts im Winter wenn es friert nimmst dus mit raus(darf vorher nicht gefroren sein) und legst es ihr auf die Motorhaube. Bis zum nächsten Tag ist das am Auto festgefroren. Das ist ein schöner Anblick^^ und sie kriegts erstmal nicht ab. der Vorteil : Es ist keine Sachbeschädigung, sprich Spiegel, Kratzer, Platte etc. und man kann dich nicht anzeigen, sollte sie Verdacht schöpfen, es sei auf deinem Mist gewachsen.“
Treponema antwortet mit einer Variante des Strafzettels und fügt das fäkale P.S. an: „Wenn Sie noch einmal so blöd parken, dann scheiße ich Ihnen auf die Motorhaube!“

Das alles wirft ein seltsames Licht auf die geistige Verfassung unserer Automobilgesellschaft.

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