Sonntagstour – Endlich auf dem rechten Weg

Wallfahrt in =>=>=>=>=> Etappen

Es gibt viele Gründe, den Jakobsweg zu gehen. Mein Grund ist anrüchig. Ich trat in einen Hundehaufen. Das fühlte sich weich und freundlich an, war aber bei näherer Betrachtung eklig. Manche sagen ja, in einen Hundehaufen zu treten bringe Glück. Vermutlich stammt der Spruch von einem faulen Hundebesitzer. So, jetzt hatte ich also dessen faules Glück am Fuß, was sich zwar besser anhört als Scheiße am Bein, mich jedoch vor die Frage stellte, wie ich das beschissene Glück wieder loswerden kann.

Da sah ich an einem Verkehrsschild die Jakobsmuschel, und ich dachte: Gut, dann mache ich es wie alle, ich laufe ich mir auf dem Jakobsweg die Sohlen ab, dann bin ich die Scheiße los. Ich bin bestens gerüstet, denn ein Pilger geht mit kleinem Gepäck. In meinen Manteltaschen habe ich ein Handy, einen Ersatzknopf, einen fünf Zentimeter langen Nagel, 17 Cent, verteilt auf drei Münzen, zwei Zuckertütchen, ein hübsch gestaltetes Notizbüchlein mit Roboter-Motiv sowie einen edlen Stift, den ich jüngst von einer lieben Freundin bekam. Natürlich sind die beiden letztgenannten Gegenstände für meinen Pilgerbericht ungeeignet, denn mit einem edlen Stift darf man keinen Scheiß in ein hübsch gestaltetes Notizbüchlein mit Roboter-Motiv schreiben. Ich tippe alles ins Handy ein – Mobloggin ist wie gemacht für Scheißberichte.

Tut mir leid, dass das Wort Scheiße hier so oft auftaucht. Ich bin ja gerade erst losgegangen, und es dauert noch eine Weile bis ich mir die Sohlen mitsamt Scheiße abgelaufen habe.

Alles am Start

Steil steigt der Weg an, und schon winkt die erste Versuchung. Ehrlich gesagt, eigentlich winkt sie nicht, das machen Häuser nur selten. Also neuer Versuch: Rechts lockt (hehe) die erste Versuchung, der Söller, in dem ich mich trefflich besaufen und eventuell allen Scheiß am Bein eines Thekenhockers abwischen könnte. Und der Rest, der noch in den Rillen steckt, stört mich nicht, wenn ich den Kanal voll habe.

Ich rufe mich zur Ordnung! Wie man sieht, ist ein Pilgerweg steil, hart und steinig, nämlich mit Versuchungen und Schwierigkeiten gepflastert. Und jetzt kommen mir auch noch zwei hübsche Frauen entgegen.

=>=>=>=>
alle-Tage-glücklichAch, wie fällt der Jakobsweg mir schwer. Ist’s denn nicht genug, dass er als Einbahnstraße beginnt? Muss an ihrem Ende bei der Kneipe zum lüsternen Bären dieses Schild so faul im Kneipenfenster lehnen? Montag – Tacotag, Dienstag – Schnapstag, Mittwoch – Hefetag, Donnerstag – Biertag, Freitag – Starkbiertak, Samstag – Longdrinktag – an allen Tagen könnte ich glücklich sein, nur sonntags nicht, was für eine Schmach.

Vielleicht fragt sich der eine oder andere Leser, wie es denn inzwischen um die Scheiße bestellt ist. Sie ist noch da, und besonders seitlich der Sohle. Mir ist übrigens etwas aufgefallen. Im Rinnstein des Jakobswegs liegen Botschaften. Die Botschaft lautet „Billig“. Das ist hübsch. Man weiß ja nicht, ob der Jakobsweg überall so gut ausgeschildert ist wie hier. So habe ich eine zweite Richtschnur. Solange ich die Botschaft „Billig“ im Straßendreck finde, bin ich auf dem Pilgerweg.

Es ist überhaupt
besser, den Blick auf den Boden zu senken, denn locken nicht ringsum alleweil die schrecklichsten Ablenkungen und oder Versuchungen? Kaffeemomente zum Beispiel, denn „Wir lieben Kaffee-Momente“, in denen schöne blonde Frauen in Wäsche vor dem Spiegel posieren. Für meinen Geschmack sollte die Wäsche nicht unbedingt die Farbe von Kaffee mit viel Milch haben. Dieser Umstand sowie das Bewusstsein, eine kotige Schuhsohle zu haben sind meine Rettung. „Kackbraun“, denke ich, reiße mich los vom Kaffee-Moment der Liebe, wende mich ab und steige weiter die Straße hinauf.

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Den fünf Zentimeter langen Nagel kann ich gut gebrauchen, denn ich will überall Ich-war-hier-Marken ritzen, auf dass die Welt sehen kann, dass auch ich den Jakobsweg gegangen bin, die innere Einkehr zu suchen, um die Ergebnisse in die Welt hinaus zu tröten. Ach nein, ich habe ein noch schlichteres Motiv. Ich will nur den Scheiß vom Fuß los werden. „Eine Reise ins innere Ausland“, verspricht das Plakat eines ausländischen Gurus, der sich nach Aachen verirrt hat, hehe. Gut, das wird bestimmt vergnüglich. Da kann ich so oft Scheiße, bekackt und Dreckswelt rufen, wie ich lustig bin, denn in meinem inneren Ausland kennt mich ja keiner.

Schon spüre ich die Befreiung von der Alltagslast, und vor lauter Übermut greife ich in die Manteltasche und schmeiße mein Geld weg. Was? Das sind ja nur 17 Cent und somit so gut wie nichts? Es ist alles, was ich habe und somit gleich viel wie eine Million, die ich weggeworfen hätte. Ja, und das wird meine Botschaft sein an die anderen Pilger, so ich welche treffe. Schmeißt das Geld weg, Leute, das macht Jux! Sind wir denn Wallfahrer zum schnöden Mammon? Nein, wir wollen den Alltagsscheiß hinter uns lassen. Nebenbei, der klebt zwar noch an meiner Fußsohle, allein, es ist deutlich weniger, weil ich eben in einem vom Leser unbeachteten Moment etwas nachgeholfen habe, indem ich den Fuß an Bodendeckern abwischte. Die sind sowieso meistens hässlich, weil es einfach nicht gut für ein Lebewesen ist, so nah am Boden zu kriechen. Richten wir uns also auf und lassen den Blick schweifen.

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entenrennenDu liebe Zeit, könnte man den Dreck der Welt doch einfach so an Bodendeckern abwischen. Ob es so viele Bodendecker gibt? Ich will nicht memorieren, was es alles an Scheiß gab im Jahr 2007. Den Rückblick spare ich mir, und dem werten Mitpilger sollte ich erst recht nicht damit in den Ohren liegen, sonst geht er nachher krumm und will gestützt werden. Dazu habe ich aber ums Verrecken keine Lust. Viel mehr will ich die Reise ins innere Ausland genießen, in dem sich nämlich prima pilgern und nach Herzenslust fluchen lässt. Hussa, ihr Weggenossen, wir sind fremde, ganz anders empfindende Wesen. Egal ob das Gras alle ist oder ob das Plumeau nass im Garten liegt, wir sind auf dem rechten Weg. Und ehrlich gesagt, die Jakobsmuschel kann mir da auch gestohlen bleiben. Denn sie zeigt nur an, wo andere bereits gegangen sind. Da geht es zu wie auf der Kölner Hohe Straße am verkaufsoffenen Sonntag. Das ist eine merkantile Angelegenheit mit schwülstiger Überhöhung und öffentlicher Selbstbespiegelung. Nichts – und drüber Glasur. Ein blödes Entenrennen, irgendwie.

O Ogmios, du
weißt wie ich die verirrten Menschen flüchte, die nach einer Reise darauf lauern, mir ihre flachen Erinnerungen in die Ohren zu blasen. Da nähe ich mir lieber den Mantelknopf an die Backe oder bohre mir ein Loch ins Knie und säe Salat rein. Ja, das darf ich hier sagen, denn wir sind im inneren Ausland, wo sogar die Polizei außer Betrieb ist. Dessen habe ich mich vergewissert.

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nein danke! Eine Luft zum Saufen, unser sonntägliches Hochamt. Und das beste ist, wir brauchen nichts, denn wir sind uns selbst genug. Liebe, Hass, Wahnsinn – vorhanden – wozu soll diese Kombination gut sein? Wir bestellen das nicht. Bitte keine neue Scheiße. Da finden wir doch lieber eine Antwort auf eine Frage, die wir nicht gestellt haben: zweiundvierzig. Bitteschön, hier geht’s lang. Übrigens, wir hätten dem Jakobsweg ohnehin nicht mehr lange folgen können. Er führt nämlich durch Frankreich, und da lassen sie uns nicht rein. Besser so.
Zum Glück

zweiundvierzig

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