2008 wird schmierig aber schön

ZauberpampeWas dabei heraus kommt, wenn man Pflegedusche, Shampoo, Zahnpasta und pflegende Intensiv-Coloration mischt und für welchen Körperteil das Geschmiere dann gut ist, weiß ich nicht. Jedenfalls soll diese Mischung „2008 noch schöner“ machen, was ja irgendwie Hoffnung weckt, denn schön würde das neue Jahr auf jeden Fall werden, wenn man dem Hitmarkt glauben darf. Möglicherweise und wahrscheinlich sowieso gilt das Schöner-Versprechen aber nur für einen ganz bestimmten Kundenkreis, vielleicht für blonde Frauen, die außer schön doof zu gucken nicht viel zu tun haben, und ihre smarten Männer.

Man hat ja bei Hit nach eigener Aussage Deutschlands beste Wein- und Sektabteilung. Der Connaisseur kann sich das Jahr auch auf hohem Niveau schöner saufen, wenn er sich dort bedient, – falls er bezahlen kann, versteht sich.

„Jottseidank, Peter, et is vorbei, jottseidank!“,
sagte gestern ein Mann auf dem Aachener Markt zum anderen, der vermutlich Peter hieß. Derweil zerlegten raue Burschen den Weihnachtsmarkt. Die potemkinschen Bretterbuden der Innerlichkeit offenbarten ihre schäbigen Rückfronten und wurden dann schnöde in Laster gestopft. Gut, die sind schon mal für eine Weile weg. Peter sollte seinem Gewährsmann trotzdem nicht trauen. „Vorbei“ ist nämlich so gut wie gar nichts. Nicht mal BILD hat über die Tage eine Weihnachtsfeuerpause eingelegt, sondern wusste am Heiligabend mit der hübschen Schlagzeile aufzuwarten: „Du Scheißdeutscher!“ In diese Schlagzeile war man bei BILD so weihnachtlich verliebt, dass sie am Tag nach Weihnachten erneut auftauchte, jetzt nur ein bisschen kleiner, weil „der brutale U-Bahn-Schläger“ vorgeführt werden musste.

BILD trommelt, und unzählige politische Pappnasen fordern: „Länger wegsperren, das Pack!“, womit sie leider nicht die Bildredakteure meinen. Das Wegsperren jugendlicher Straftäter hört sich toll an, ist aber eigentlich eine Problemlösung auf Kosten der Zukunft. Je länger nämlich ein desorientierter junger Mensch im Knast ist, um so besser ist er bei seiner Entlassung in allen Gemeinheiten ausgebildet, die sich ein Menschhirn ausdenken kann, soweit einer nicht sowieso vom Militär im bedenkenlosen Niederstrecken seiner Mitmenschen unterwiesen wurde.

Ich weiß nicht, warum sich alle aufregen über die wachsende Brutalität in Deutschland. Unsere Gesellschaft toleriert, dass die Medien die niedersten menschlichen Instinkte befriedigen, dass zu Unterhaltungszwecken Gewalt verübt und Blut vergossen wird, und das rund um die Uhr und auf allen Publikationskanälen. Gehuldigt wird der Quote, der Göttin der Blödheit. Macht, Gewalt und Blödheit sind die Leitmotive in unserer Gesellschaft. Wer in dieser Leitkultur aufwächst und weder im Elternhaus noch in der Schule andere Werte erfährt, will doch einfach nur mitmachen, weiß aber nicht, dass Macht, Brutalität und Blödheit viel subtiler und geschniegelter daherkommen müssen, wenn sie hohes Ansehen in Öffentlichkeit und Medien garantieren sollen.

„Wie habe ich das vermisst, das Adrenalin, den Kampf, den Spaß!“, ruft Boris Becker im Werbespot für Pokerstars, stürzt aus dem Tennis tief nach unten und landet an einem Pokertisch. „Pokern ist großes Tennis!“ kann Becker noch stöhnen, bevor sie ihn wegblenden. Nein, das ist Pokern ganz und gar nicht. Die Verherrlichung des Spiels um Geld ist nichtswürdig und erbärmlich. Und es ist strunzblöd, sich aus Geldgier beim Absturz zum Glücksspieler filmen zu lassen. Selbstentlarvungen wie den Beckerschen Werbespot finde ich überaus erquicklich. Bitte unbedingt mehr davon, dann wird das Jahr 2008 noch vielviel schöner.

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