Eventuell du selbst – Ausfahrt in fünf Etappen

Bekanntlich symbolisiert ein geträumter Hund die menschlichen Triebe; diesen Hund gelegentlich an die Leine zu legen, das macht den kultivierten Menschen aus. Indem ich mich zwinge, den Anstieg zu nehmen aus purem Übermut und ohne äußeren Grund, habe ich mich selbst an der Leine. Und ist der Weg auch steil, es ist stets angenehmer, sich selbst anzutreiben als sich dem Zwang eines Stärkeren zu unterwerfen.

Mann und Hund lösen sich im Herannahen auf, sind harte Schatten im Hohlweg, und das Gesicht des Mannes ist nur trockenes Blattwerk. Steinchen und Blätter knistern unter den Reifen, noch zwanzig Tritte und ich habe das steilste Stück hinter mir. Diese Wegstrecke ist wie eine symbolische Ypsilonabzweigung. Der linke Ast des Ypsilons ist weiterhin asphaltiert und bequem zu fahren. Der rechte bleibt steil. Er ist nur eine Karrenspur im Gras, von einem Maisfeld gesäumt. Mehrfach schon war ich versucht, ihn zu fahren, und für einen Augenblick halte ich auf ihn zu. Doch dann ertönt vom Feld oben der aufbrausende Motor eines Traktors. Zu blöd, denke ich, dass einem auf dem rechten Weg neuerdings Traktoren entgegenkommen, so dass man unter die Räder zu kommen droht, weil die Böschung keinen Platz zum Ausweichen bietet.

Der linke Weg führt an einer längst abgeernteten Apfelplantage vorbei, dann stößt er im spitzen Winkel auf die Straße. Ich biege um die Ecke nach Osten ab. Einige Kilometer geht es jetzt durch die Felder über einen Höhenkamm. Leider rollt es nicht, ein kalter Wind aus Ost bremst die Fahrt. Es wird immer schwieriger, den rechten Weg zu finden. Die Sachverhalte werden stetig wirrer. Seit Tagen schwirrt mir der Kopf – zu viele Informationen aus zweiter Hand, allgemeines Hörensagen, nur selten eigene Anschauung, wie soll man da den Durchblick bewahren. Was alltäglich vom medialen Affenfelsen gerufen, getutet und geblasen wird, diese nervtötende Kakophonie ist kein getreuliches Abbild des Lebens, sondern im hohen Maße selbstbezüglicher Medienrummel. In unserer Welt vollzieht sich ein gewaltiger Umbruch, und das meiste geschieht im Verborgenen, ist schwer zu erhellen und einzuschätzen. Da ist es auch für ehemals seriöse Journalisten bequemer, irrelevante Nachrichten über eine durchgeknallte Ex-Tagesschausprecherin zu verbreiten. Dabei kann sich doch jeder denken, dass eine Frau, die früher alles vom Blatt abgelesen hat, mit eigenen Gedanken überfordert ist.

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