Die letzte Freinacht – Eine Lesung, Folge 7

Folge 7
Der Feind in mir

Was kümmert mich das Leid dieses Mannes? Was kümmert mich, dass er in der Nacht keine Ruhe findet, wenn die Frau in seinem Bett sich ihm verweigert hat? Was soll ich anfangen mit ihrem Bericht, wie er durchs dunkle Haus streicht und Schublade um Schublade aufzieht, um einen Beweis ihrer Untreue zu finden? Es ist deine Schuld, du Sack. Du hast nicht auf dein Eigentum geachtet.

O ja, ich kenne dieses Bett. Ich kenne den spartanischen Raum, in dem sie sich allabendlich folgsam an seine Seite legt. Und was weiß ich davon, wie standhaft sie ist, wenn das nächtliche Gerangel ohne Worte beginnt.

Ich traf sie in der Stadt, und für einige Augenblicke wagten wir es, Seit an Seit zugehen. Sie hatte dunkle Schatten unter ihren Augen, die Spuren einer schlaflosen Nacht.
„Was ist mit dir?“
„Letzte Nacht hatte ich mit ihm eine Auseinandersetzung ohne Worte“, sagte sie, und ein bitterer Zug war um ihren Mund. „Für einen Moment wollte ich nachgeben, doch ich konnte mich nicht öffnen.“

Hast du je ein Wort gehört, dass dir einen solchen Schmerz bereitet? Die Stelle in meinem Gehirn, in die sich alles eingebrannt hat, wie gerne würde ich sie veröden lassen. Sollen sie mir die Schädeldecke aufmeißeln und herausschneiden, was mich quält.

Es ist Zeit vergangen. Fünf Minuten sind vergangen. Fünf Minuten der Nacht, in der mein Herz zu brennen scheint. Nein, es ist nicht das Herz. Es ist eine Stelle in meiner linken Brust, in der es zehrt und zieht, wenn sie an mich denkt. Es ist nach Mitternacht, sie sollte schlafen. Doch es wühlt und sticht in meiner Brust. Da sind die Bilder in meinem Kopf. Da ist die Kommode, auf der ich seine Lesebrille sah, wartend auf einem aufgeschlagenen Buch. Hast du noch ein wenig gelesen, Mann, nachdem du sie beschlafen hast? Bist du nun zufrieden, nachdem du in sie eingedrungen und deinen Samen in sie gepumpt hast? Du wirst gestaunt haben, wie rege sie war. Rege wie selten zuvor. Denn an mich denkt sie, wenn sie sich dir notgedrungen öffnet. So macht sie es sich erträglich. Sie hat es mir gesagt.

Eine angenehme Schläfrigkeit macht dir die Lider schwer? Du legst das Buch ab und klappst die Brille zu. Ein Blick noch auf dein schönes Weib, das dir den Rücken zudreht und sich in die Decke eingerollt hat. Es ist alles wieder gut, denkst du? Nichts ist gut. Du fühlst dich wieder als Mann? Es ist nicht deins. Du hast es mir gestohlen.

Von der Süßen kommt das Bittere. Welch ein Mensch bist du, dass du mich eure Nachtkammer sehen ließest? Wie kannst du mir diese Dinge sagen, die mir die Luft nehmen und mich zu Boden drücken? O Gott, ich bin elend. Was habe ich getan, dass du mich so grausam schlägst?

Ich hocke auf meinem Bett. Ja, es sind meine Füße, auf die ich starre. Doch fremd bin ich mir, von außen und innen. In diesem Kopf will ich nicht mehr sein. Nimm mich heraus!

Du tust es nicht? Du bist ein fürchterlicher Gott. Du bannst mich in einen Körper, der elend ist. Ich habe mir dieses Los nicht ausgesucht. Sie hat mich verlockt und getäuscht. Worin besteht mein Vergehen? Dass ich glauben wollte, was sie mir sagte, obwohl der Augenschein ihr widersprach? Ja, da prangte ein Ehering an ihrem Finger, doch sie tat, als sei es nur ein alberner Schmuck, allenfalls gut, die Zudringlichen abzuhalten, die ihren Blicken verfallen waren. Er war fort, irgendwo in der Fremde, als sie mich einfing.

„Du bist ein Schokoladenmann“, sagte sie, als ich mit dem Ärmel über den Sattel ihres Fahrrads wischte, um die Regentropfen zu entfernen.

Nein, du bist keine Lügnerin, Lisette. Du bist die Meisterin der verschwiegenen Wahrheit. Du hast gewusst, was du übrig hattest für mich. Du hast gewusst, dass es nicht reichen würde. Wer gibt dir das Recht, dir hie und da zu nehmen, was einer allein dir nicht geben kann?

Folge 8

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