Aachenbummel Online – Deine Augen und das Auge des Fotografen

Jetzt dräut das schon wieder, und ich habe noch Wäsche auf der Dachterrasse. Sie ist heute den ganzen Tag über immer wieder gesprenkelt worden. Gleich muss ich sie in den Trockner stecken.

Weil es immer wieder tröpfelte, war auch in der Stadt nicht viel los. Am Abend werden wieder Bands spielen, und auf der Bühne am Markt wird die „Aachen-typisch-Show gegeben. Als ich vorbeikam, war es vor der Bühne ruhig. Auf der großen Leinwand wurden die Geschehnisse beim Weltreiterfest gezeigt. Eine Amazone auf einem Rappen ritt schön hin und her.

Soviel dazu. Und da es noch regnet, jetzt ein Foto aus dem Kölner Express, den ich letztens im Zug fand, derweil Beamte vom Bundesgrenzschutz die Abteile auf der Suche nach weiteren Kofferbomben durchstreiften:

Panzer

Was die Bildunterschrift behauptet, ist nicht zu sehen. Da wird keine Kabine gezeigt. Zwei Männer reichen sich die Hand wie zum Gruß. Sie blicken sich nicht an, sondern schauen den Betrachter an, dessen Stellvertreter der Fotograf ist. Er hat die beiden vor ein Regal bugsiert und ihnen gesagt, was sie tun sollen.
Zeitungsfotografen fotografieren ständig solche Szenen. Sie haben ein enormes Equipment bei sich, und ihre Bilder zeigen anschließend stereotype und gestellte Szenen:

Damian
Quelle: Express, gleiche Seite

Damian hat nichts davon, dass Rafael van der Vaart an seinem dicken Zeh riecht. Sein Papa ist nicht bei der Sache. Er muss sein Kind ein bisschen missbrauchen und dabei in die Kamera linsen, weil der Fotograf es ihm gesagt hat.

Wird eine Straße eröffnet, fotografieren Zeitungsfotografen das:

Eröffnung2

Geldspende:
Scheck3

Grundsteinlegung:
Spatenstich Kopie

Im Frieden inszenieren Zeitungsfotografen die Wirklichkeit,

im Krieg dramatisieren Fotoreporter die Wirklichkeit:
Montage1Montage2

Das retuschierte und montierte, also gefälschte Bild wurde in den Medien verbreitet.

Wir sind inzwischen wieder auf dem Aachener Markt. Auf der Bühne tut sich was. Am Samstagabend habe ich auch hier gestanden. Es spielte zum Auftakt der Weltreiterspiele eine gute Blues-Rock-Band. Die Veranstaltung wurde vom WDR-Fernsehen aufgezeichnet. Man sah die Band live auf der Bühne, und auf der großen Leinwand hinter den Musikern sah man das Fernsehbild, wie es die Kameraleute einfingen. Es war schwierig, die Ereignisse überhaupt zur Deckung zu bringen, denn die Kamera zeigte die Bühnenwelt, wie man sie nicht wirklich sah. Das Kamerabild war wesentlich farbenprächtiger, detailreicher und wegen der Bildausschnitte und Bildschnitte spektakulärer.

Hör mal, die „Aachen-typisch-Show fängt noch nicht an. Die stimmen nur die Tonmischung ab. Dann kann ich eben zu Ende reden. Die Medien inszenieren die Wirklichkeit, und wir nehmen ständig medial vermittelte Informationen auf. Die Bilder in unseren Köpfen stammen nur zum Teil aus eigen erlebter Wahrnehmung. Die anderen haben uns Kameraleute und Journalisten in die Köpfe gesetzt. Sag mal, findest du das nicht irgendwie beunruhigend?

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