Nachrichten aus dem Off – Impressionen eines Sommertages

Im Park gesessen und gelesen. Über der Wiese im Himmelsblau ballten, türmten sich die Wolken, doch leider wurde nichts aus dem Gewitter, auf das ich hoffte, was weniger ichfixiert war, als es klingt. Gestern fuhr ich mit dem Rad durch die Brunssumer Heide, und da ließen ob der Trockenheit sogar die Laubbäume die Blätter hängen.

Jedenfalls dachte ich auf meiner Parkbank: So im Park zu sitzen, kann manchmal ganz schön langweilig sein. Ich saß ja auch nur dort, weil es in der Wohnung zu drückend war. Beim Lesen trommelte ich mit einem Stift aufs Buch, denn es gefiel mir nicht und ich hatte Lust verspürt, mein Missfallen an den Rand zu schreiben.

Da kam eine Frau in Shorts vorbei. Sie trug einen Rucksack gebuckelt. Einige Meter weiter besann sie sich, kam zurück, zeigte mir einen Stift und sagte auf Englisch, ihr Stift sei leer.
Verfickt, dachte ich, was ist denn das? Kann man heutzutage nicht einmal mehr mit einem Stift wedeln, ohne dass jemand kommt und ihn wegschnorren will? Willenlos reichte ich ihr den Stift. Sie war total erstaunt und fragte, ob ich ihr tatsächlich diesen guten Stift geben wolle.
„Nein, eigentlich nicht“, sagte ich und verstand sie jetzt gar nicht mehr. Was hatte sie denn gedacht, wie viele Stifte ich mit mir rumtrage, womöglich in verschiedenen Preisklassen, damit ich streunende Engländerinnen versorgen kann, denen zufällig im Aachener Westpark der Stift eingetrocknet ist? Oder dachte sie, dass ich Werbekulis in meinem Rucksack hätte? Dass ich vielleicht ein Heiliger der Letzten Tage wäre, der kurz vor dem Weltenbrand noch ein paar verirrte Seelen retten will, indem er ihnen Kulis mit Heilsbotschaften schenkt?

Na, da hatte sie beinahe richtig geraten. Ich zupfte ihr den Stift wieder aus den Fingern und holte aus dem Rucksack einen Stabilo-Faserschreiber. Den schenkte ich ihr. Er war sowieso fast leer.

Wenig später kam ein dicker Mann in Sicht. Als er in den Weg einbog, hob er sich tatsächlich das T-Shirt hoch über den Bauch. Eine dunkel gekleidete Frau schob ein hell gewandetes Mütterchen an mir vorbei. Da hoffte ich, der Kerl werde vor den beiden seinen Bauch wieder bedecken.

Er hat es nicht getan, der Fettsack, sondern trug wenig später seine obszön entblößte Wampe durch mein Sichtfeld. Für eine Viertelsekunde dachte ich, dass ich gern einmal in ihn hineinschauen würde, nur um zu erfahren, was einer sich denkt, der durch den Park läuft und seine Plauze freigelegt hat. Manchmal wünsche ich mir jedenfalls, dass visuelle Umweltverschmutzung strafbar wäre.

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