Abendbummel Online – Wonach man sich zu richten hat – Einiges über Nachrichten

Nachricht

Eher selten kann man den Nachrichten der Rundfunk- und Fernsehanstalten eine direkte Handlungsanweisung entnehmen. Doch eine echte Nachricht im alten Wortsinn ist der Wetterbericht.

=> Dort hatte man Regen gemeldet, und ich hätte mich danach richten können. Einen Schirm wollte ich jedoch nicht mitnehmen, zumal es nur nieselte. Ich bummelte den Muffeter Weg hoch. Es ist eine schöne Straße, die auf den Königshügel hinaufführt, und die an ihrem Anfang zwei fast intakte Häuserzeilen aus der Gründerzeit hat.

Auf der Kuppe des Muffeter Wegs liegt ein Institut der Technischen Hochschule, dessen Name mir sehr gefällt: „Institut für Nachrichtengeräte“. Das alte Gebäude des „Instituts für Nachrichtengeräte“ sieht in etwa so aus wie das Haus des Norman Bates in dem Hitchcock-Film „Psycho“. Besonders von der tiefer gelegenen Weißenberger Straße wirkt es bei Nacht ziemlich gruselig.

Das Wort „Nachrichtengeräte“ lässt mich auch an Morsetelegraphen, mechanische Codierungsmaschinen und dergleichen denken. Wissenschaftler mit geflickten Kassenbrillen und wirren Haaren, die an Bakelit-Telefonanlagen schrauben, würden gut zum alten Gebäude passen.

Natürlich beschäftigen sich die Mitarbeiter des Instituts in dem unterhalb gelegenen Neubau inzwischen mit elektronischer Datenverarbeitung.

=> In der Aachener Pontstraße steht noch das Haus, in dem um 1850 Paul Julius Reuter lebte. Reuter betrieb eine Nachrichtenlinie von Aachen nach Brüssel. Seine Nachrichtengeräte waren Brieftauben. Als der Morsetelegraph erfunden wurde, änderte sich die Nachrichtentechnik abrupt. Brieftaubenlinien waren nicht mehr konkurrenzfähig. Werner Siemens riet dem verzweifelten Julius Reuter, nach London zu gehen und von dort aus ein Telegraphenbüro zu betreiben. Das tat Reuter auch, und im Laufe der Zeit entwickelte sich sein Telegraphenbüro zur größten Nachrichtenagentur der Welt: Reuters.

=> Die Morsetelegraphie hat übrigens den Lead-Stil der Nachrichten geprägt. Man sagt, er sei im amerikanischen Bürgerkrieg (1861-1865) entstanden. Die Telegraphenlinien des Feindes konnte man ja einfach kappen, indem man die Überlanddrähte zerschnitt. Dies konnte auch mitten in einer Übertragung passieren, so dass die Nachricht verstümmelt wurde. Zudem waren die ersten Morsetelgraphen sehr störanfällig. Deshalb musste das Wichtigste der Nachricht am Anfang des Textes stehen, und die weiteren Informationen folgten mit absteigender Wichtigkeit.

Noch heute sind Nachrichten und Berichte in Zeitungen so aufgebaut: Das Wichtigste zuerst! Es hatte auch später technische Gründe, dass man die Lead-Form bei den Zeitungen beibehielt. Bis in die 70er Jahre des 20.Jahrhunderts wurden die Zeitungen noch im Bleisatzverfahren gesetzt. Es war „Maschinensatz“. Eine Linotype-Setzmaschine spuckt fertig gegossene Zeilen aus, die der Metteur zur Zeitungsseite zusammenbaute. Wenn der Schlussredakteur in die Setzerei kam und eine verspätet eingetroffene Nachricht einbauen wollte, mussten die anderen Texte einfach zu kürzen sein. Weil das Wichtigste am Anfang stand, konnte man dann zum Beispiel die Bleizeilen des letzten Absatz eines zu kürzenden Textes einfach aus der Form nehmen und wegwerfen. Man gab sie dann später wieder in den Schmelztigel der Setzmaschine.

=> Ich bin übrigens unterwegs doch ziemlich nass geworden. So ein Nieselregen ist ziemlich heimtückisch. Irgendwann ist man nass und weiß nicht recht woher. Inzwischen sind meine Haare wieder trocken, denn ich saß doch über diesem Text länger als ich wollte. Der Computer, an dem ich gerade schreibe, ist natürlich auch ein Nachrichtengerät. Allerdings habe ich kaum etwas geschrieben, wonach man sich richten könnte. Denn mein Text ist keine Nachricht. Deshalb steht das Wichtigste am Schluss:

Guten Abend

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