Nachtschwärmer Online

Eine Angewohnheit von mir ist, dass ich abends noch einmal rumschaue in meinem Freundeskreis. Es ist immer erhellend und erfrischend, etwas Neues zu finden.
Heute also, zuerst ein Zitat:

„(…) Doch während ich meinen Zustand bedaure, stelle ich mir einen
fröhlich pfeifenden, in angenehmes Sonnenlicht getauchten,
radelnden Trithemius vor, der, kräftig in die Pedale tretend, die
fluchenden Autofahrer auf den leider nur unzulänglich von
Schnee und Eis befreiten Straßen mangels Überholmöglichkeit
zum Hinterherzuckeln verdonnert.
Das allerdings bessert meine Laune schlagartig, und ich hoffe sehr, er kommt wohlbehalten und ohne Misshandlungen wieder nach Hause …“

Da mein Thema heute Vergangenheit und Zukunft ist und das bisschen in der Mitte, das man Gegenwart nennt, erlaube ich mir oben riverjessie zu zitieren.
Ja, bin ich denn fröhlich pfeifend losgeradelt?
Das habe ich mich gefragt, als ich dies in jessie Blog las.

Eigentlich hat mich bei der Fahrt ein alter Schmerz begleitet. Er zog in meinem Herzen wollte nicht müde werden. Deshalb bin ich rasch gefahren. Die Sonne schien, es war gegen drei. Auf Straßen taute der Schnee (mit Nachhilfe von Salz).
Um es vorher sagen: Ich dachte dabei nicht, ich sei fröhlich. Ich war entschlossen, weil ich ein selbst gewähltes Ziel hatte. Und ich war konzentriert, denn ich konnte mir denken, dass einige meiner Wege nicht geräumt sein würden. Da würde ich Schneematsch finden, der wieder gefroren war. Glatt gefahrene Schneedecken, plötzlicher „Tiefschnee“. Die Fahrspur ist schmaler wegen des an den Rand geschobenen Schneematschs. Autofahrer sind durch die Witterungsverhältnisse abgelenkt.
Dann war ich ermahnt worden, und ich hatte versprochen, vorsichtig zu sein.
Das war gut. Denn jeder muss manchmal ermahnt werden.

Einzelheiten der Fahrt sofort.
Zuerst will ich sagen, dass der Rückblick, zu dem jessie mich brachte, dieser Blick auf die jüngste Vergangenheit sagte mir dann:
„Ja, ich hab nicht gepfiffen, sondern in dem steilen Anstieg gekeucht und meine Luftnot herausgejammert.
Doch wenn ich dann oben war, dann war es gut. Und deshalb, liebe jessie, war es insgesamt eine wirklich fröhliche Fahrt! Vielen Dank, dass du es mir gezeigt hast.“

Und davon gleich! Drei Etappen:
– Hinweg
– Ankunft
– Rückweg

1. Etappe (Hinweg)

Was ist eine wirklich glückliche Fügung?
Wenn man die Wahl zwischen zwei schönen Möglichkeiten hat.
Man kann nur eine davon wählen. Es ist eine Ypsilonabzeigung mit zwei ähnlich guten
Wegen …

Als ich losfuhr, traf ich einen Freund. Er wollte mit dem Hund seiner Freundin gehen und fragte mich, ob ich mitgehen wolle.
Am Telefon hatte er mir kürzlich erzählt, er sei letztens mit dem Hund durch den verschneiten Wald die gesamte Pilgerstrecke nach Moresnet gegangen. Es ist weit, geht über eine hohe Kuppe des Aachener Stadtwaldes, und es reizte mich, mit ihm durch die Winterlandschaft zu gehen. Und ein Hund wäre dabei.

Doch ich hatte schon mein eigenes Ziel. Hatte eine Woche nicht auf dem Rad gesessen und mein Körper freute sich, denn er erkannte den Bewegungsablauf wieder.

Die Sonne schien, der Schnee glitzerte, sogar der Schneematsch sah irgendwie erträglich aus.

Im Licht…

Dann wollte ich etwas besorgen. Es war also eine lust- und gleichzeitig zweckbestimmte Fahrt.

Ich fuhr nach Norden.

Die Kuppe aus dem Aachener Kessel hinauf ist steil. Der Anstieg ist nicht lang. Doch bin ich oben, glaube ich, fast die Hälfte meines Hinwegs schon geschafft zu haben. Denn nun folgt überwiegend flaches Gelände, eine kleine Abfahrt, dann bleibt es flach wellig. Erst am Schluss meines Hinwegs, geht es einen langen Berg hinunter. Dann bin ich am Ziel
Doch so weit sind wir noch nicht.

Ich fuhr eine Weile an der Deutsch-Niederländischen Grenze entlang. Es gibt eine Grenzstraße dort. Die rechte Seite ist deutsches Gebiet, die andere Straßenseite gehört zum Königreich der Niederlande.

Es gab einst entlang dieser zwei Kilometer langen Straße in der Mitte eine niedrige Grenzmauer. Man konnte den Fuß hinübersetzen. Jetzt ist sie weg, man sieht es kaum, denn auf jeder Straßenseite parken Autos mit deutschen wie niederländischen Kennzeichen.

Woran jedoch sieht man sofort, in welchem Land man ist?

In den Niederlanden sind die Fahrradwege sorgfältig geräumt.

Mein Weg biegt dann gen Nordwesten. Doch ich folge dem Rand des Tales der Wurm. Dieser kleine Fluss ist hier eine Weile Grenzfluss. Rechts von mir ragt die Abtei Rolduc auf. Doch von ihr auf dem Rückweg…

Über Vergangenheit, Zukunft und das bisschen zwischendurch, was wir Gegenwart nennen, wollte ich schreiben.

Auf einer niederländischen Ortsstraße brannte jemand Feuerwerkskörper ab. Und ich dachte zuerst: Zu früh
Doch als ich durch den Rauch rollte, es geht dort schon etwas bergab, da dachte ich: Oder anders herum: zu spät.
Zu spät geböllert, das Jahr ist schon fast rum!

Ich musste schmunzeln, denn diese Idee wurde ein paar hundert Meter weiter auf einer Plakatwand aufgegriffen. Sie steht vor einer Autobahnbrücke, die über meine Straße führt.

Es war die Werbung einer Versicherung, und übersetzt stand darauf:
„Frohes Altes Jahr!“

Die lange Abfahrt bahnt sich an …

Ich hatte mich überall gut vorgesehen, wie ich es jessie versprochen hatte. Bei der Abfahrt war ich besonders vorsichtig, ich widerstand der Lust, die Bremsen loszulassen. Denn man saust dort schön eine breit fast gerade Straße hinab.

Bis zu einer T-Kreuzung. Dann wende ich mich links und rolle bis vor mein Ziel.

Dort kehre ich immer nur kurz ein. Es ist nur ein bisschen Wärme dort. Doch trotzdem, heute bekam ich deutlich mehr…

Man legte mir ein Geschenk auf den Tresen: Zack! Ohne große Worte:
„Zu Weihnachten“, dann war sie schon wieder beschäftigt.
Ich steckte es dankend ein, ohne es aufzumachen, es war so eine lange dünne Schachtel.

Der Rückweg
(ach ja, eben das war der kurze Moment, den wir Gegenwart nennen)

Was ich eben genossen hatte, lag mir jetzt als Schuld vor dem Bauch, ich musste den langen Anstieg fahren – hinauf aus dem Tal der Wurm …

Fast die ganze Zeit musste ich aus dem Sattel. Es war hart, denn die Sonne war weg, es kam die Zeit, die man früher Eulenflucht nannte, die Dämmerung. Der Wind stand mir entgegen, er war eisig und hart.
Da dachte ich mich die ganze Zeit oben. Denn wenn ich oben wäre, da bin es doch ich. Mein Ich dort oben am Ende des langen Anstiegs, wieso kann ich dieses Ich nicht im Augenblick sein?

Es hilft. Denn dieser Gedanke ist mächtig. Er legt sich über alles. Du denkst und spürst deine übersäuerten Muskeln kaum.
Dann war ich oben. Hatte mich hoch gedacht. Na ja, ein bisschen gefahren war ich auch. Ich spürte, ich musste essen und trinken, denn sonst drohte etwas, das nennen die Radsportler „Hungerast“. Sie sagen auch: „Mir kam der Mann mit dem Hammer entgegen.“ Du spürst, was es heißen soll. Wenn du dich ausdauernd belastest und nicht zeitig isst und trinkst, dann haut es dich um…

Also musste ich etwas suchen.

Lange aufhalten wollte ich mich nicht, und es müsste bald sein, also hielt ich im Ort vor einem kleinen Pizzaladen. Es war ein Laden lang und schmal wie ein Schlauch, irgendwie leer, obwohl rechts und links des Ganges kleine Tische mit jeweils zwei Stühlen standen.
Einer allein hinter der Theke, ein freundlich lächelnder Tamile oder so.
Ich wählte eine Pizza und setzte mich an einen Tisch, so dass ich zur Tür hinaussehen konnte.
Es war sauber, doch ein bisschen karg. Und die Dekoration war albern weihnachtlich. Ich hatte einen kleinen künstlichen Tannenbaum vor der Nase, auf dessen Spitze eine kleine rote Kugel steckte. Dazwischen fernöstliche Dekoration. Und sehr viel Plastik überall…

Er brachte mir eine Cola in der Dose. Freilich auch einen Aschenbecher und lieh mir Feuer.
Seine hübsche Frau kam zur Tür herein, lächelte und wünschte mir guten Appetit. Bei meiner großen Pizza Funghi und der Dosencola.

Es war gut!
Es reichte. Ich saß gut, bei angenehmen Menschen, die sich Mühe geben, obwohl sie nicht viel haben. Wo kannst du besser sitzen und essen und trinken, frage ich dich.

Jetzt ist es gleich zehn. Also höre ich bald auf.
Über das Kloster Rolduc einmal später.
Nie ist der Rückweg so angenehm wie der Hinweg. Man muss manchmal „beißen“, wie die Radsportler sagen. Also, ich habe gebissen. Doch kam in eiskalter Dunkelheit gut nach Hause.
Dann saß ich hier gut, war angenehm müde und habe mir bei meinen Freundinnen und Freunden Anregungen geholt.

Vielen Dank.
Es war mal eine schöne Zukunft, ein bisschen Gegenwart kam auch vor, dann war es Vergangenheit. In der sitzen wir jedoch nicht.
Wir sitzen gerade gut in der Gegenwart und haben die Zukunft vor uns.

Gute Nacht, meine Lieben, macht Euch die Zukunft gut!

Das war’s dann schon.…

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