Alte und neue Geräusche in deinem Kopf

Nachdem der isländische Skalde Egil gestorben war, hat man ihn oben am Gletscher begraben. Er wollte nämlich dort liegen, wo in der Nähe sein Schatz vergraben lag.

Als der Held Egil nämlich schon alt und blind gewesen war, hat er eines Tages zwei Dienern befohlen, seinen Schatz auf zwei Ponys zu laden. Die Diener führten die Ponys hinauf zum Gletscher, und der blinde Egil ließ sich ebenfalls von ihnen führen. Dann befahl er den Dienern, den Schatz zu vergraben.
Nachdem sie das getan hatten, erschlug Egil die beiden Diener mit einer Axt.

Ja, es war eine raue Welt. Als die christlichen Mönche nach Island kamen, es waren Iren, soviel ich weiß, da haben sie versucht, ein wenig Licht in diese Welt zu bringen. Doch sie selbst hatten nicht viel Licht. Denn auch sie kamen aus einer gewalttätigen Welt.

Was aber taten sie, um die isländischen Heiden zu bekehren?
Die Heiden hatten heilige Plätze. Es waren Plätze, wo sie ihre Götter verehrten. Sie sprachen dort mit ihren Göttern, wie es der heutige Mensch manchmal in der Kirche tut.
Wie sollte man den Isländern abgewöhnen, weiterhin die heidnischen Plätze zu besuchen?

Die Lösung ist einfach.
Ob Tempel, Statue, heiliger Baum, Stein oder Platz, man setzte einfach ein Kreuz oder eine Kapelle dort hin. So kamen die Heiden jetzt an den rechten Ort. Es war eine List, doch sie gelang. (In etwa, denn ein alter Glaube hält sich lange im Untergrund und fließt dann in den Aberglauben ein)

Nun, 150 Jahre oder länger nach Egils Tod, wollte der Priester Skapti die Kapelle erneuern. Er grub in der Erde und fand einen Schädel. Der Kopf des Menschen muss riesig gewesen sein. Skapti dachte sofort an einen der alten Helden. Denn diese Männer waren größer als die Menschen zu Skaptis Zeit.

Skapti nahm eine Axt. Denn auch er war ein zupackender Mann. Er holte aus und schlug die Axt auf den Schädel nieder. Doch sie glitt ab, und es rieselte nur ein bisschen Knochenmehl.
Da dachte Skapti, er habe den Schädel von Egil gefunden, dem gewöhnliche Männer nichts anhaben konnten.

So, es geht also um den Überwindungsgedanken. Es geht darum, wie man einen alten Glauben durch einen neuen, freieren Glauben ersetzt.

Hat sich in deinem Kopf ein Gedanke festgesetzt, der sich dreht und dreht, ein Name ist es auch vielleicht, ein Geräusch, das dich quält, weil du eine schmerzhafte Erinnerung damit verbindest. Dann quälst du dich, was nicht gut ist. Es ist ungesund.

Beim Geräusch ist es einfach, da habe ich eine Hilfe für dich.
Angenommen du hast eine schmerzhafte Erinnerung an das Geräusch fahrender Güterzüge.
Das wäre jetzt blöd, denn du kannst ja nicht verhindern, dass dir dieses Geräusch in die Ohren fliegt. Was kannst du tun?

Verdrängen hilft gar nicht. Es macht es noch schlimmer. Denn du staust es nur auf, und wenn der Damm dann bricht, dann flutet eine große Woge Schmerz durch dich. Also dann schon lieber kleine Wellen, die man sich ab und zu gestattet.

Doch wie kann man es gänzlich gut für sich regeln?

Denk an den Überwindungsgedanken. Unser Beispiel ist das Geräusch der Güterzüge. Güterzüge an sich sind ja nicht schlecht. Sie fahren auf einer bestimmen Strecke und transportieren Güter, oder nicht? Die Strecke nehmen wir uns. Denn dein Schmerz hat gewiss mit Güterzügen auf einer Bestimmten Strecke zu tun.
Angenommen es wäre jetzt die vor meinem Fenster. Dann hätte ich eine gute Überwindungsidee. Du wirst diese Strecke einfach neu besetzen. Nein, keine Kapelle darauf errichten! Das dürftest du nicht. Es ist Bahngelände.

Nein, es geht einfach: Benutz deine Phantasie. Denk dir was Schönes auf dieser Strecke. Und damit du das kannst, brauchst du ein Bild.
Dieses Bild gebe ich beispielhaft, wenn die Nachtdraisine dort fährt. Das ist eine wirklich ungewöhnliche Reise. Komm doch heute Abend mal mit! Gegen 22:00 Uhr, heute also früher, doch man kann die Fahrt auch am nächsten Tag machen. Am Morgen oder Abend, wie es gerade passt.

Nun will ich dich jedoch an Skapti erinnern. Er hat gesehen, dass alte Gedanken noch mächtig sind, wenn man sie schon lange unter der Erde oder aber überwunden glaubt. Denn natürlich sind die Isländer von diesem Fund sehr angetan gewesen. Und schon kam ihnen etwas von dem alten Glauben in den Kopf zurück. Egils Kopf ist ja auch ein starkes Bild.

Daher, man darf nicht zuviel und zu wenig von dieser Methode erwarten. Ein gutes Bild über einem alten Schmerz hilft sehr wohl. Doch man muss beharrlich sein: Es immer wieder wach rufen, das schöne Bild.

Darum jetzt noch ein zweiter Trick. Wenn du einen Schmerz hast, egal woher und warum.
Fahr einfach häufiger mit der Nachtdraisine. Ich lade dich ein.
Denn der Schienenweg ist auch nur ein Bild. Wie der Tunnel, an dessen Ende du Licht siehst. Und die Erleichterung, wenn du hinausgleitest.
Das alles ist bildhaft und passt auch für dich. Du kannst diese Bilder auf deinen besonderen Kummer oder Schmerz setzen. Oben drauf. Es hilft.
Nur nicht immer, doch du hast Geduld. Nimm ein bisschen Hilfe von der Zeit.
Nimm dir Zeit.

Heute Abend!

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6 Kommentare zu Alte und neue Geräusche in deinem Kopf

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