Oben auf dem Lousberg – ein Sonntagswort für Dich

… da war natürlich Schnee. Aus dem Tal der Soers die Schlachtrufe der Fußballfans. Alemannia spielte gegen FC Wasweißichwas.
Ein Aufschrei, ein kollektives Aufstöhnen, – es muss eine Lust sein, das Maul aufzureißen, und es kommt der gleiche Laut heraus wie aus dem Nachbarmaul, und links und rechts, oben und unten, zehntausendfach. Es ist die geballte Energie von Gleichgesinnten, die ins Stadion donnert und wieder heraus, aus dem Tal über den Lousberg hinweg, dass mir die Ohren schallen.
Der Schuss war wohl vorbeigegangen, das Tor lag im Schneetreiben, doch sofort gingen die Pauken wieder, die Sprechchöre zu takten für den neuen Angriff, den neuen Ansturm. Da werden sie gebibbert haben, die Spieler vom FC-Wir-haben-die-Hosen-voll.

Ich bin natürlich kein Lokalpatriot, hab mal wieder zu kräftig aufgetragen, damit der Leser Lust hat, noch ein bisschen zu folgen.

Stell dir vor, du bist ein Fußballer, dort unten auf dem Platz. Du bist mitten im Spiel, forderst den Ball und kriegst ihn, nimmst an, tunnelst deinen Gegenspieler, hast den Ball wieder am Fuß, guckst einmal auf, ziehst ab, und die Kirsche plumpst ins Netz. Der Torwart ist albern daneben gesprungen, die Verteidiger raufen sich das Haar.

Dann kriegst du die Begeisterung aus zehntausend Kehlen. Kannst du dir vorstellen, was das mit dir macht? Du musst stabil sein, damit du nicht abhebst. Auf jeden Fall, wirst du süchtig danach. Du willst es noch mal und immer wieder, dieses Bad in sozialer Energie. Wenn du nicht stark bist, dann geht es dir wie manchem Spieler, der einmal auf dem Gipfel seiner Leistung war. Doch dann hat es eine Weile mal nicht gepasst, du bekommst Entzugserscheinungen und wirst unruhig. Du strengst dich an, doch weil du grad die Seuche hast, will einfach nichts mehr gelingen. Dann kann es sein, dass du trübsinnig wirst, wie es dem Spieler Sebastian Deissler passierte.
Ich kenne sein Krankheitsbild nicht, doch es könnte so gewesen sein. Jeder von uns kennt das elende Gefühl, wenn die Zustimmung der anderen/des anderen zu lange ausbleibt. Man müht sich und man verkrampft dabei, und bekommt noch weniger von dem, was man sich wünscht. Wir alle brauchen soziale Energie. Es ist etwas, was wir uns selbst nicht geben können.

Oben am Meilenstein, den ein Obrist Napoleons errichten ließ, da schaute ich hinunter zum fernen Fußballfeld. Das Flutlicht gleißte durch die diesige Luft, in der die winzigen Schneeflocken wirbelten.
Hast du dir schon einmal vorgestellt, derart angestrahlt zu werden, damit auch jeder sieht, was du Gutes tust? So im Licht der Aufmerksamkeit zu stehen? Ach, welch eine Lust muss das sein. (Doch für einen Einzelnen eigentlich zuviel.)

Doch dann denke ich, damit allein ist es ohnehin nicht getan. Du brauchst neben der sozialen Energie auch die Kraft aus der Natur. Man muss sie aufsuchen und auf sie lauschen, damit sie einen richtig taktet. Du brauchst auch die Besinnung auf die eigene Natur, musst hören wie dein Blut rauscht, musst deinen Trieben ordentlich Nahrung geben. Schön essen, eine gute Sexualität haben, etwas gestalten und dergleichen (ach, da hätte ich fast „etwas machen“ geschrieben oder „sich ausdrücken“, doch ich bin ja nicht Wursthorst).

Also, wenn du ein glückliches Leben haben willst, brauchst du die Beachtung der anderen und Achtung der Natur.
Dann fließt du einträchtig im Strom der Zeit, und dann lebst du im Augenblick, spürst kaum etwas mehr. Du hebst den Kopf, huch? Wo ist die Zeit geblieben, denn natürlich bist du mit ihr weiter geflossen, du hast es nur nicht bemerkt.

Haut es dich jedoch im Leben einmal um, kriegst du einen Schlag, als hätte dich ein Bus gestreift, ja, dann bist du irgendwo zu lange stehen geblieben. Die anderen sind weiter gezogen, doch du hast geträumt. Oder du hast dich gegen deine Natur vergangen, dann ist’s kein Bus, der dich streift, sondern eine rasende E-Lok. Das kann passieren.
Wenn du nicht tot bist, und du bist es nicht, sonst würdest du ja nicht lesen, dann musst du dich zuerst berappeln, und dann begib dich rasch in Sicherheit. Zuerst musst du dich wieder auf deine Natur besinnen, und dann umarme einen Baum, was nicht lächerlich ist.

Wenn du aufgetankt hast, guck, wer in deiner Nähe ist, auf Armeslänge, nicht unerreichbar fern. Du hast ja noch ein bisschen, also gib, damit du zurückbekommst und wieder ein Mitmensch wirst. Du gibst und nimmst, vergisst den Baum nicht, und langsam wirst du wieder fit.
Komisch, auch die Wechselfälle des Lebens sehen dich jetzt wieder freundlich an.

Wenn du gescheit und geschickt bist, dann wirst du bald stärker sein als zuvor. Denn du hast die Erfahrung des vergangenen Stoßes, und der gab dir nicht nur den Schmerz. Hinterher kam die Einsicht, und das ist ja eigentlich ein Draufschauen von oben, aus einer göttlichen Sicht.

Nur musst du aufpassen, dass du nicht zu rasch gehst. Denn du wächst langsam und darfst nicht den anderen und der Natur vorauseilen, sonst kommst du erneut in Schwierigkeiten. Du brauchst auch die Ruhe, – und deshalb höre ich hier auf..

Ein Wort zum Sonntag, nimm es oder lass es liegen.

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